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Politik - 29.12.2018

Entgegen der Statistik mehr Gefangene

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BAD EMS – Die Zahl der Strafgefangenen in Rheinland-Pfalz ist rückläufig. Das hat das Statistische Landesamt mitgeteilt. Diese Angaben sind „nur sehr eingeschränkt aussagekräftig“, erwidert das Justizministerium – und baut die Zahl der Wärterstellen aus.

Das Statistische Landesamt vergleicht die Zahlen der Strafgefangenen zu einem Stichtag. Es ist der 31. März. Zu diesem Datum saßen demnach in rheinland-pfälzischen Gefängnissen 2604 Menschen ein. Über 90 Prozent davon waren Männer.

Die Zahl der Strafgefangenen sei kontinuierlich rückläufig, teilt das Statistische Landesamt mit: Waren es 2008 noch 3233 Strafgefangene und 2013 noch 2889 Gefangene, so sind es dieses Jahr eben nur noch 2604 Gefangene gewesen – jeweils zum 31. März. Dieser Trend korrespondiert mit einer anderen Botschaft, die das rheinland-pfälzische Innenministerium gerne vermittelt: Nämlich, dass die Kriminalitätsrate im Land rückläufig sei.

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Hinter Gittern sieht die Zukunft für die Strafgefangenen oft trostlos aus. Foto: dpa

Hinter Gittern sieht die Zukunft für die Strafgefangenen oft trostlos aus. Foto: dpa

Hinter Gittern sieht die Zukunft für die Strafgefangenen oft trostlos aus. Foto: dpa

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Können also Gefängnisse demnächst geschlossen und Wärter umgeschult werden? Nein, antwortet das Justizministerium. Im Gegenteil. Der kommende Doppelhaushalt sieht vor, dass es im Justizvollzug 61,5 neue Stellen geben soll. Warum das, wenn die Zahl der Strafgefangenen rückläufig ist? „Die Zahlen des Statistischen Landesamtes sind für die Frage der Belegung unserer Justizvollzugseinrichtungen nur sehr eingeschränkt aussagekräftig“, teilt das Justizministerium mit. Zum einen sorge die Tatsache, dass die Zahlen zu einem Stichtag genommen werden, für „höhere Schwankungen“. Sinnvoller sei es, die durchschnittliche Belegung miteinander zu vergleichen.

Und nach diesem Wert steigen die Zahlen: Demnach waren im Jahr 2013 die rheinland-pfälzischen Gefängnisse mit 3083 Personen belegt. 2017 waren es 3141 Gefangene und in der ersten Hälfte diesen Jahres 3193 Gefangene. „Die Lage in unseren Justizvollzugseinrichtungen ist noch immer angespannt“, sagt daher Justizminister Herbert Mertin (FDP). Zu den Ungenauigkeiten durch die Stichtags-Regelung kommt noch, dass in der Statistik des Landesamtes die Gruppe der Gefangenen in Untersuchungshaft nicht auftaucht. Die macht laut Justizministerium ein Fünftel aller Inhaftierten aus. Und sie verursacht „erfahrungsgemäß sogar höheren Aufwand für die Anstalten“. Das habe mehrere Gründe: Unter dem abrupten Freiheitsentzug litten Gefangener und Familie besonders. Das erfordere mehr soziale Betreuung. So ist laut Ministerium bei Häftlingen in Untersuchungshaft die Selbstmordgefahr besonders hoch. Außerdem würden für sie besonders strenge Regeln in der Überwachung ihrer Kommunikation gelten und letztlich müssten sie häufiger zu Gerichtsterminen gebracht werden. Woher der Anstieg der Gefangenenzahlen kommt, kann das Ministerium nicht sagen: „Über die Gründe hierfür kann man letztlich nur spekulieren.“ Aber letztlich habe das Haus ohnehin keinen Einfluss darauf: „Die Anzahl der Gefangenen ist letztlich das Resultat der Arbeit unserer unabhängigen Gerichte und kann vom Justizministerium nicht beeinflusst werden.“

Ist die Erhebung des Statistischen Landesamtes unnütz? Zumindest sagt sie etwas aus über die Zusammensetzung der in Rheinland-Pfalz Inhaftierten. Die meisten sind demnach Wiederholungstäter. Laut der Statistik war knapp 45 Prozent der Inhaftierten zuvor schon einmal in einem Gefängnis. Ein Drittel war bereits vorbestraft, ohne dafür eingesessen zu haben. „Mehr als jeder Fünfte dieser Rückfalltäter wurde bereits innerhalb eines Jahres nach der letzten Entlassung wegen einer erneuten Straftat festgenommen“, teilt das Statistische Landesamt mit.

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