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Politik - 28.04.2019

Spanien wählt: Wahlsieger könnte als Verlierer dastehen

Die Spanier sind an Parlamentswahlen gewöhnt: Nach Dezember 2015 und Juni 2016 sind sie nun erneut an die Urnen gerufen. Umfragewerte zeigen, dass ungemütliche Koalitionen nötig werden könnten. Der Wahlsieger stünde dann möglicherweise als Verlierer da.

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Madrid (dpa) – Die Spanier sind seit Sonntagmorgen zum dritten Mal innerhalb nur dreieinhalb Jahren dazu aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Knapp 37 Millionen Wahlberechtigte können landesweit in 23 000 Wahllokalen abstimmen.

Es zeichnet sich eine ungewöhnlich hohe Wahlbeteiligung ab. Bis 18.00 Uhr hätten 60,72 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt, teilte die Wahlbehörde in Madrid mit. Das sind rund 9,5 Prozentpunkte als im selben Zeitraum bei der letzten Parlamentswahl im Jahr 2016.

Die Abstimmung startete spanischen Medienberichten zufolge ohne Probleme. 92 000 Polizisten sollten für die Sicherheit sorgen. Bei strahlendem Sonnenschein in weiten Landesteilen warteten zahlreiche Menschen in Schlangen an den Urnen.

In Umfragen lag seit Wochen die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) von Ministerpräsident Pedro Sánchez mit etwa 30 Prozent der Stimmen vorn. Dennoch könnte der 47-Jährige als Verlierer aus dem Wahltag hervorgehen. Am Morgen gab er als erster der spanischen Spitzenpolitiker seine Stimme in Pozuelo de Alarcon vor den Toren Madrids ab. Medien und Experten spekulierten in den vergangenen Tagen, welche Koalitionen nötig wären, damit die Sozialisten auf eine regierungsfähige Mehrheit kämen.

Auch für die konservativen Formationen mit der Volkspartei PP an der Spitze ist eine mehrheitsfähige Koalition im Bereich des Möglichen. In diesem Fall würde voraussichtlich mit dem Newcomer Vox erstmals seit fast vier Jahrzehnten wieder eine rechtsextreme Partei in Madrid mitregieren. Aber es könnte wegen der großen Zersplitterung der spanischen Parteienlandschaft auch erneut zu einer Blockade wie 2016 kommen. Damals war Spanien trotz zweier Wahlgänge innerhalb von sechs Monaten fast ein Jahr lang ohne reguläre Regierung geblieben.

Auslöser für die Patt-Situation war das Ende des faktischen Zweiparteiensystems aus PP und PSOE und die Verteilung der Stimmen auf neu gegründete Parteien. Die schwache konservative Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy hielt letztlich nur gut eineinhalb Jahre. Sánchez kam im Sommer 2018 nach einem Misstrauensantrag gegen Rajoy mit Hilfe kleinerer katalanischer Separatistenparteien an die Macht, seine PSOE hatte aber nur 84 von 350 Abgeordnete im Madrider Congreso de los Diputados.

Nachdem der Regierungschef nicht auf Forderungen der separatistischen Abgeordneten eingegangen war, entzogen diese ihm im Februar bei der Haushaltsdebatte ihre Unterstützung. Daraufhin sah sich Sánchez gezwungen, eine Neuwahl auszurufen. Wenn die Umfragewerte stimmen, wird aber auch dieses Mal eine Koalition aus PSOE und dem linken Wahlbündnis Unidos Podemos allein nicht für eine Regierungsbildung ausreichen.

Die renommierte Zeitung «El País» schrieb in einem Leitartikel, nach dieser «kurzen und sehr bewegten Legislaturperiode» sei es nicht nur «ein Grundrecht», an der Wahl teilzunehmen, sondern es sei «eine Verantwortung», der sich die Bürger nicht entziehen dürften. Die Wahl sei entscheidend, um dem Land wieder Stabilität zu geben.

Die Wahllokale schließen um 20 Uhr und auf den Kanarischen Inseln um 21 Uhr MESZ. Kurz danach werden erste Prognosen auf Basis von Nachwahlbefragungen erwartet.

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