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Politik - 31.01.2019

Mehr Zeit für Zweijährige?

Die Kita-Reform der rheinland-pfälzischen Landesregierung liegt erst im Entwurf vor, und schon soll nachgebessert werden. Das kündigte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) jetzt an.

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MAINZ – Seit 1991 hat es sieben Fußball-Weltmeisterschaften gegeben, sieben Bundestagswahlen und vier US-Präsidenten. Das Kita-Gesetz in Rheinland-Pfalz blieb hingegen seit fast drei Jahrzehnten bestehen, obwohl sich die Lebensrealität von Eltern und Familien geändert hat. Im vergangenen Sommer präsentierte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) eine Reform des Gesetzes, zumindest den Entwurf: Das komplizierte Finanzierungssystem sollte entflochten werden und mehr Geld für Kita-Personal bereitgestellt werden. Die Sozialämter sollten Budgets für Sprachförderung und Inklusion behinderter Kinder erhalten. Eltern ermöglichte die Reform einen Rechtsanspruch auf eine durchgängige Betreuung ihrer Kleinen von sieben Stunden, samt Mittagessen. Die Gebührenfreiheit sollte auf die Zweijährigen ausgeweitet werden.

Massive Proteste vor Ort gegen die Kita-Novelle

Das klang gut. Allerdings brodelt es seitdem bei vielen Erziehern. Mancher Kita-Mitarbeiter hat das Gefühl, die Reform werde auf seinem Rücken ausgetragen. Schöne Sprüche aus Mainz, aber vor Ort fehlt das Personal, bei gestiegenen Anforderungen im Umgang mit den Kindern. Im Landtag wurde am Mittwoch über die Reform diskutiert. Simone Huth-Haage (CDU) malte ein düsteres Bild. Eltern, Erzieher, Verbände und Träger seien bestürzt, lehnten das Gesetz ab. Es gebe keine Finanzierungssicherheit für die Kitas, Aufgaben würden künftig nach Kassenlage erledigt. Es werde mehr befristete Stellen geben. Die sieben Stunden Betreuung seien „wichtig und richtig“, Personal und Geld dafür gebe es aber nicht. Gerade die Mittagsbetreuung sei personalintensiv. „Die Kitas haben in den vergangen viel geleistet, sie sind am Rande der Belastung, da gibt es keine Luft mehr nach oben.“

Michael Frisch (AfD) berichtete über viele Zuschriften zum Thema. Tenor: Die Betreuungsqualität werde sich verschlechtern. „Wäre es der Regierung wirklich ernst, müsste sie den aktuellen Betreuungsschlüssel durch Personalaufstockungen verbessern.“ Stattdessen könne sie nicht einmal den Status quo sichern. Ausgerechnet die Situation der Zweijährigen würde sich verschlechtern.

Die FDP-Abgeordnete Helga Lerch lobte zwar die Vorreiterfunktion des Landes bei der Kita-Beitragsfreiheit, die jetzt sogar ausgeweitet werde. Allerdings: „Wir reden über ungelegte Eier, es geht um einen Referentenentwurf.“ Auch sie habe einen ganzen Aktenordner an Rückmeldungen. Die sieben Stunden Mittagsbetreuung mit Mittagessen komme zwar sehr gut bei den Elternverbänden an. Aber die Erzieher fürchteten Mehrbelastungen und die Kommunen rechneten mit baulichen Veränderungen der Kitas. Die zusätzliche Zeit für Kita-Leitungen sei zu gering. Gewerkschaften stellten überdies die Frage, wie sicher der Arbeitsplatz noch sei, wenn die Finanzierung künftig pro Kind statt pro Kita-Gruppe erfolge. Auch müsse man die Bedenken der freien Träger ernst nehmen.

Hubig will kein „Hoppladihopp“

Bildungsministerin Stefanie Hubig signalisierte Entgegenkommen. Es handele sich um einen Entwurf. Der Regierung sei der Dialog wichtig, man wolle nach 27 Jahren kein „Hoppladihopp“. Die Kritikpunkte aus den Veranstaltungen vor Ort nehme die Regierung ernst. Etwa, was die Betreuung der Zweijährigen betreffe und das Personal in der Mittagszeit. „An diesen Punkten arbeiten wir.“ Klar sei aber auch, dass man nicht jede Maximalforderung erfüllen könne.

Rückendeckung für die Ministerin aus der Ampelkoalition. Bettina Brück (SPD) betonte, es komme mehr Geld in das System. „Das ist gut angelegtes Geld für unsere Kinder. Es geht um qualitativ hochwertige Bildung und Betreuung.“ Daniel Köbler (Grüne) betonte, die Reform des Gesetzes von 1991 sei seit Jahren überfällig, und da brauche es eben auch Mut. 62 Millionen Euro zusätzlich für Personal sei „nicht nichts“ und der Ausbau der Gebührenfreiheit ein „ganz wichtiger Punkt“.

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