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Politik - 14.11.2018

Dawood Nazirizadeh: „Das wäre Job des Staates“

Dawood Nazirizadeh hat lange Verbandsarbeit für die Schiiten in Deutschland gemacht. Jetzt ist der Unternehmensberater in die Kritik geraten – ein Interview.

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WIESBADEN – Dawood Nazirizadeh hat lange Jahre Verbandsarbeit für die Schiiten in Deutschland gemacht. Jetzt ist der Unternehmensberater aus Wiesbaden, der auch für das Wirtschaftsministerium in Mainz arbeitet, in die Kritik geraten. Im Interview nimmt er dazu Stellung.

Herr Nazirizadeh, von Ministerpräsident Volker Bouffier stammt der Satz: „Es gehört zu unserer gemeinsamen Grundüberzeugung, dass das Existenzrecht Israels gewahrt sein muss. Wer dies infrage stellt, der wird in Deutschland nicht ankommen.“ Teilen Sie seine Auffassung?

Die historische Verantwortung Deutschlands gegenüber den ermordeten Juden im „Dritten Reich“ hat kein Verfallsdatum. Diese Verantwortung tragen alle Bürger mit und ohne Migrationshintergrund. Mir stellt sich die Frage des Existenzrechtes Israels nicht. Israels existiert und ist vollwertiges Mitglied der UNO. Die Frage, die sich jedoch stellt, ist das Existenzrecht Palästinas. Der Nahostkonflikt überschattet unseren Alltag in Deutschland. Eine gerechte Lösung, die das Wohl aller dort leben Menschen im Fokus hat, jenseits von Machtpolitik, sollte der Ansatz unserer Friedensdiplomatie sein.

ZUR PERSON

Dawood Nazirizadeh saß lange Jahre im Vorstand der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS). Bis Februar war er zudem Vorstand der Imam Hossein Moschee in Wiesbaden.

Der Unternehmensberater ist Initiator des IGS-Projektes „Extrem Engagiert“, das Präventionsarbeit gegen Salafismus leisten soll. Das Projekt wird von der Europäischen Union und vom Bundesfamilienministerium gefördert.


Gleichwohl saßen Sie lange im Vorstand der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS). Deren Mitglied, das Islamische Zentrum Hamburg, hat den Al-Kuds-Tag in Berlin mitorganisiert, mit dem das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird. Das IZH ist personell eng verflochten mit der IGS. Es wird vom Verfassungsschutz als Instrument der iranischen Staatsführung eingeschätzt.

Die IGS ist die Vertretung der schiitischen Muslime in Deutschland. Ähnlich wie der Bundestag spiegelt diese verschiedenste Gruppen und Richtungen wieder, die sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen. Der Staat kann extremistische Organisationen verbieten. Wenn der Staat mit all seinen Instrumenten keine Beweise für ein Verbot hat, erkenne ich nicht eine höhere Erwartungshaltung gegenüber einer ehrenamtlichen Organisation wie der IGS. Überspitzungen wie in Ihrer Fragestellung gelten in unserem Rechtsstaat nicht als Beweise.

Die IGS muss nicht auf den Staat warten, um das Islamische Zentrum Hamburg auszuschließen…

Verfassungsschutz-Präsident a.D. Maaßen hat offiziell Teile der SPD als linksradikal bewertet. Nach unzähligen Skandalen beim Verfassungsschutz verstehe ich sehr gut, warum das Vertrauen der Bevölkerung in ihn massiv geschädigt ist. Bewertungen des Verfassungsschutzes ersetzen in einem Rechtsstaat nicht Beweise oder Gerichtsprozesse. Als Außenstehender kann ich mir nicht vorstellen, dass ein so junger Verband wie die IGS, der nicht mal in der Lage ist, seinen Vorstandsmitglieder die Fahrtkosten zu erstatten, den Job machen kann, den das Innenministerium oder auch die Staatsanwaltschaft nicht leisten kann.

Der Verfassungsschutz hat auch die Türkische Hizbulllah im Visier, weil sie in der Türkei einen islamistischen Staat und dessen globale Ausweitung will. Die Organisation, die in Wiesbaden einen wichtigen Stützpunkt hat, schrecke vor Anwendung von Gewalt nicht zurück. Eine ihrer Veranstaltungen in Hofheim am Taunus hat auch Mahmood Khalilzadeh besucht, der Vorsitzender der IGS ist.

Sie besitzen die Gabe, aus einer Veranstaltung zur Feier des Geburtstages des Propheten Mohammad eine politische Verschwörung zu konstruieren. Wenn die IGS so gefährlich wäre, wie Sie es versuchen darzustellen, hätten die EU und die Bundesregierung keiner Förderung mit der Unterschrift von Herrn Khalilzadeh zugestimmt. Dass extremistische Organisationen keine Förderung bekommen, ist geltendes Recht, und die Bundesregierung hat die besten Instrumente, das zu prüfen.

Der Verfassungsschutz spricht davon, dass bei dieser „Geburtstagsfeier“ zahlreiche prominente Redner der türkischen Hizbullah anwesend waren. Aus Frankreich, Großbritannien, der Schweiz, Österreich, Belgien und den Niederlanden seien Hunderte Anhänger angereist.

Da ich weder bei dieser noch bei einer ähnlichen Veranstaltung war, kann ich nichts dazu sagen.

Sie werden vom iranischen Oppositionellen Kazem Moussavi ganz persönlich angegriffen. Er wirft Ihnen vor, Wirtschaftslobbyist der menschenverachtenden islamischen Republik Iran zu sein.

Kazem Moussavi gehört zum Dunstkreis der radikal islamistisch-marxistischen Volksmudschahedin. Die Volksmudschahedin wollen einen „Regime Change“in Iran, mit dem Ziel, ihr eigenes Regime zu installieren. Dafür setzen sie darauf, das Land wirtschaftlich auszubluten und die Bevölkerung leiden zu lassen, um erhöhten Druck auf die Regierung aufzubauen. In der Vergangenheit haben sie gezeigt, dass sie auch vor Gewalt nicht zurückschrecken. Ich mit meinem Einsatz für den Dialog, den wissenschaftlichen Austausch und die Zusammenarbeit der Privatwirtschaft Deutschlands und Irans, bin den Volksmudschahedin ein Dorn im Auge. Darum haben sie die rufschädigende Kampagne gestartet. Ich habe die Mittel unseres Rechtsstaates genutzt, um klären zu lassen, ob solche Verleumdungen verbreitet werden dürfen. Dabei erzielte ich klaren Erfolg vor Gericht: Kazem Moussavi darf unter anderem nicht weiter behaupten, dass ich von Iran gesteuert wäre.

Das Interview führte Christoph Cuntz.

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