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Politik - 27.04.2019

Bürgermeister gesucht: Immer weniger Bewerber in Rheinland-Pfalz

Stress im Job, mehr Aufgaben vor Ort, weniger Geld: Mancher Ehrenamtler verliert da die Lust. Auch in Rheinland-Pfalz wollen immer weniger Menschen Bürgermeister werden.

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MAINZ – Dass ein aufgebrachter Anwohner nachts beim Ortsbürgermeister klingelt, um sich über ein Feuerwerk zu beschweren – das kann durchaus vorkommen. Wer ein solches Ehrenamt ausübt, muss auch ein bisschen Überzeugungstäter sein. Doch das wollen in Rheinland-Pfalz offenbar immer weniger: In 465 von insgesamt 2260 Gemeinden hat sich für die Kommunalwahl am 26. Mai kein Bewerber gefunden, wie der Landeswahlleiter Marcel Hürter mitteilte. Das sind 59 Gemeinden mehr als vor fünf Jahren. Insgesamt liegen 2434 Bewerbungen vor.

Die Zahlen sind ein wenig mit Vorsicht zu interpretieren: Die Gemeinderäte können nach der Kommunalwahl noch einen Ortsbürgermeister wählen. Mancher Kandidat geht aus taktischen Gründen nicht in die Urwahl und „outet“ sich erst später. Das Amt des Ortsbürgermeisters bleibt dabei eine Männerdomäne: Nur 15 Prozent der Bewerbungen sind Frauen; immerhin vier Prozentpunkte mehr als bei der vergangenen Wahl.

„Das Feld des Gestaltens wird immer kleiner“

Zunehmende Belastung im Job, sinkende Finanzen vor Ort und gestiegene Ansprüche der Leute – das schrecke manchen ab, ein solches Ehrenamt zu übernehmen. „Die Gestaltungsspielräume sind begrenzt, gleichzeitig verlangt das Amt einen hohen persönlichen Einsatz“, so Manuela Glaab, Politikwissenschaftlerin der Uni Koblenz-Landau. (Lesen Sie hier ein ausführliches Interview mit der Forscherin [plus-Inhalt]).

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Gordon Schnieder stößt ins gleiche Horn. Er ist Vorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und selbst (noch) Ortsbürgermeister eines Dorfes in der Eifel. Teilweise müssten die Ehrenämtler um jeden Euro betteln. „Das Feld des Gestaltens wird immer kleiner, wenn der Finanzrahmen nicht stimmt.“ Gleichzeitig ist der Job für viele, die ihn machen, oft der schönste nach Papst. So wurde in der Gemeinde Schnieders ein Fahrdienst für Senioren in die Eifelstadt Gerolstein organisiert, oder Straßenprojekte wurden verwirklicht. Eben Gestaltung pur statt Politik vom grünen Tisch.

„Man braucht Leidenschaft“

Nico Steinbach ist Geschäftsführer der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK). Auch er ist Ortsbürgermeister eines 170-Seelen-Dorfes in der Eifel. In einem solch Job sei man Seelsorger und Bauleiter, kümmere sich um Hochwasserlagen und betreibe Friedhofsplatz-Management. „Für das Amt braucht man ein hohes Interesse an der Materie“, berichtet Steinbach. Er kann verstehen, dass es in finanzschwachen Kommunen die Stimmung dämpfe, wenn kaum finanzieller Spielraum da sei – er meint beispielsweise Dörfer an der Grenze zu Luxemburg, die kaum Steuereinnahmen haben. Darauf müsse die Politik weiter ein Augenmerk haben.

Jedenfalls seien die Zeiten vorbei, in denen einer alles alleine mache, sagt Agneta Psczolla vom Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz. Sie weist darauf hin, dass die Räte bis zu drei Beigeordnete beschließen könnten. Nach dem Motto: „Ihr könnt euch die Arbeit aufteilen.“ Diese sei nicht weniger geworden, denke man an Kindertagesstätten, Umwelt, Mobilität und Gesundheit. Psczolla begrüßt deshalb die Ankündigung von Innenminister Roger Lewentz (SPD), die Aufwandsentschädigungen für die ehrenamtlichen Bürgermeister um fünf Prozent zu erhöhen – auch wenn ihr Verband etwas mehr gefordert hatte. Allerdings wird man mit Geld kaum jemand hinter dem Ofen hervorlocken können. „Man braucht Leidenschaft“, weiß Psczolla.

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