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Politik - 25.01.2019

Abgeordnete als politische Grenzgänger

Die Trennung ist gesetzlich eindeutig geregelt: Fraktionsgelder dürfen nicht der Partei zugutekommen. Aber eine klare Abgrenzung ist nicht immer einfach.

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WIESBADEN – „Der Landtag kann den Fraktionen Bedienstete für die Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung stellen. Der Landtag kann den Fraktionen Räume zur Nutzung überlassen sowie Sach- und Dienstleistungen erbringen. Die Fraktionen dürfen die Leistungen nach Abs. 1 bis 3 nur zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und nicht für Zwecke der Parteien verwenden.“ So steht es im hessischen Fraktionsgesetz aus dem Jahr 1994. Es ist also hinreichend klar geregelt, dass Leistungen an die Fraktionen nicht für Parteiarbeit verwendet werden dürfen.

Gleichwohl hat der Vorwurf der unrechtmäßigen Parteienfinanzierung gegen den ehemaligen Landtagsabgeordneten und CDU-Kreisvorsitzenden in Wiesbaden, Horst Klee, das Thema der verdeckten staatlichen Parteienfinanzierung wieder ins Bewusstsein gerückt. Klee wird vom früheren CDU Kreisschatzmeister Ralph Schüler vorgeworfen, er habe eine Landtagsmitarbeiterin fast ausschließlich für die CDU Wiesbaden arbeiten lassen.

Mitarbeiter als Schnittstelle zur Wahlkreisarbeit

Es liegt in der Natur der Sache, dass die hessischen Landtagsabgeordneten praktisch ausnahmslos in ihren Parteien engagiert sind, viele von ihnen als Bezirks-, Kreis- oder Ortsvorsitzende. Sensible Schnittstelle zwischen Partei und Fraktion ist dabei unter anderem Paragraf 6 des hessischen Abgeordnetengesetzes. Danach kann jeder Abgeordnete dem Landtag die Beschäftigung eines Mitarbeiters in Rechnung stellen. Dabei werden „auf Nachweis die Arbeitgeberaufwendungen übernommen“, heißt es im Gesetz. Das Gehalt entspricht höchstens der Entgeltgruppe 9 des hessischen Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst, das sind etwa 4000 Euro. Die Mitarbeiter fungieren natürlich auch als Verbindungsstelle der Abgeordneten zu ihren Wahlkreisen, dürfen aber nicht für die Partei tätig werden. Das verdeutlicht, wie schwierig eine klare und transparente Trennung zwischen Abgeordneten- und Funktionärstätigkeit im politischen Alltagsbetrieb ist.

Übereinstimmend weisen die Landtagsfraktionen darauf hin, dass die Finanzierung von Parteiarbeit aus Fraktionsgeldern nicht zulässig sei. Insofern erübrigten sich Direktiven der Führung oder gesonderte Absprachen über den Umgang mit Fraktionsmitteln. Allenfalls weise man am Anfang der neuen Wahlperiode den einen oder anderen unter den 61 Neuparlamentariern auf die Rechtslage hin oder empfehle ihnen, sich in Zweifelsfällen an den Landesrechnungshof zu wenden, heißt es.

Die Darmstädter Behörde prüft jährlich die Einnahmen und Ausgaben der Fraktionen. Wesentlicher Inhalt der Prüfung ist, dass gemäß dem Fraktionsgesetz keine unzulässige Finanzierung der Parteien aus Fraktionsmitteln erfolgen darf. Wie genau die Rechnungsprüfer hinsehen, veranschaulicht ein Beispiel aus der Vergangenheit: Die Behörde wollte vor Jahren der Linken-Fraktion untersagen, auf ihrer Homepage den Internetauftritt der Partei zu verlinken, ließ die Anordnung dann aber wieder fallen.

Beanstandungen des Rechnungshofs am Finanzgebaren der Fraktionen hat es bisher nicht gegeben. Grundsätzlich gelte, dass „kein Euro“ der Fraktionsmittel für Parteiarbeit verwendet werden dürfe. „Wir schauen uns jeden Beleg an“, sagte ein Rechnungshofsprecher dieser Zeitung. Die Fraktionen dokumentierten sehr detailliert die Verwendung der Gelder. Bei Unklarheiten habe der Rechnungshof in der Vergangenheit vereinzelt „Hinweise“ gegeben und um Klarstellungen gebeten, die dann seitens der Fraktionen auch erfolgt seien, so der Sprecher.

Abgeschlossen sei die Überprüfung der Arbeit der Fraktionspressesprecher, die mit Ausnahme der Grünen und der Linken auch als Parteisprecher fungieren. Die Fraktionen dokumentierten jeweils ordnungsgemäß, wie viele Stunden die Mitarbeiter für die Parteien tätig seien und die Bezahlung dafür. Beanstandungen hätten sich dabei nicht ergeben, sagte der Sprecher des Rechnungshofs.

Lange rechtlich umstritten waren die sogenannten Mandatsträgerbeiträge, auch „Parteisteuer“ genannt. Dabei handelt es sich um regelmäßige, formal freiwillige Abgaben von Abgeordneten und hauptamtlichen Politikern an ihre Parteien über den Mitgliedsbeitrag hinaus. Die Beiträge der Mandatsträger sind im Parteiengesetz seit 2002 ausdrücklich geregelt, der Gesetzgeber nimmt demnach ihre Zulässigkeit an. Grobe Schätzungen gehen laut dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestags davon aus, dass die Abgaben zwischen 500 und 1500 Euro betragen und 15 bis 20 Prozent der Gesamteinnahmen der Parteien ausmachen.

Kritiker sehen in den Sonderbeiträgen einen Verstoß gegen das grundgesetzliche Verbot der versteckten staatlichen Parteienfinanzierung. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zu dieser Frage bisher noch nicht ausdrücklich geäußert. Allerdings haben die Karlsruher Richter die Mandatsträgerbeiträge in einer Entscheidung auch nicht als von vorneherein verfassungswidrig eingestuft. Die vorherrschende Meinung in der Literatur sieht die Beiträge daher im Grundsatz als verfassungsgemäß an.

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