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Kultur - 08.07.2019

Filmproduzent Artur Brauner ist tot

Er überlebte den Holocaust und gründete im Nachkriegs-Berlin sein Filmunternehmen CCC. Artur Brauner schuf Filme wie „Old Shatterhand“ und „Hitlerjunge Salomon“. Im Alter von 100 Jahren ist der Filmproduzent gestorben.

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Artur Brauner, einer der erfolgreichsten deutschen Filmproduzenten, ist tot. Er starb im Alter von 100 Jahren in Berlin, wie seine Familie mitteilte. Brauner sei friedlich eingeschlafen. 

Seine Lebensgeschichte liest sich wie ein Roman. Am 1. August 1918 in Lodz/Polen in eine jüdische Familie hineingeboren, floh Artur Brauner 1940 vor den Nazis in die Sowjetunion.

Er überlebte den Krieg und entschloss sich 1946 – trotz aller Gräueltaten des NS-Regimes – ausgerechnet in Berlin seine Produktionsfirma CCC zu gründen, die „Central Cinema Compagnie“. Auf dem Gelände der ehemaligen Pulverfabrik Spandau in Berlin-Haselhorst baute er seine eigenen Studios.

Zwischen „Tralala“ und preisgekrönten Dramen

Brauner fuhr im Filmgeschäft stets zweigleisig. Zum einen produzierte er leichte Unterhaltungskost – „Tralala-Filme“ nannte er sie selbst. Zum anderen entstanden bei CCC preisgekrönte Dramen und historische Filme über die Zeit der NS-Diktatur.

 Zur ersten Gattung gehörten zweifellos die Liebesromanze „Ein Engel auf Erden“ mit der jungen Romy Schneider oder „Erotik auf der Schulbank“. Spannung lieferten mehrere Edgar-Wallace- und Karl-May-Verfilmungen – allesamt Straßenfeger. Dabei hatte eigentlich Brauners ehemaliger Mitarbeiter Horst Wendlandt die Winnetou-und-Co-Filme an den Start gebracht.

Pierre Brice und Lex Barker in „Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten“ (1968): Allesamt Straßenfeger

Doch „Atze“ Brauner erkannte das Potenzial und sicherte sich als findiger Geschäftsmann die Rechte an allen Karl-May-Romanen, die noch frei waren. Er zog auch Schauspieler wie Pierre Brice als Apachenhäuptling Winnetou und Lex Barker als seinen Blutsbruder Old Shatterhand an Land.

Unter Brauners Ägide entstanden aber auch herausragende Klassiker wie „Es geschah am helllichten Tag“ – die Geschichte eines Kindermörders nach einem Drehbuch des Schweizers Friedrich Dürrenmatt. Auch „Am Tag, als der Regen kam“, ein Kinofilm über eine jugendliche Verbrecherbande oder die Verfilmung von Gerhard Hauptmanns Roman „Die Ratten“ waren Meilensteine des anspruchsvollen deutschen Nachkriegs-Kinos.

Filme gegen das Vergessen

Es war ausgerechnet die Erinnerung an einen Film, der ihm im Zweiten Weltkrieg half, einem Nazi zu entfliehen, sagte Brauner dem „Zeit Magazin“ vor ein paar Jahren. Zu Kriegsbeginn sei es am Fluss Bug zu einer gefährlichen Konfrontation gekommen, so Brauner: „Dann geschah etwas, das man sich eigentlich nicht vorstellen kann: Ich hatte einen rettenden Geistesblitz. Ich erinnerte mich plötzlich an einen Film mit Gary Cooper, den ich als Jugendlicher gesehen hatte: Drei Banditen zwingen Cooper, den Plan einer Goldmine herauszurücken. Er weigert sich. Alle stehen am Wasser, genauso wie ich mit dem Nazi. Als der Bandit auf Cooper zielt, rammt der ihm seinen Kopf in den Bauch und stößt alle drei ins Wasser.“

Inspiriert durch diese Szene habe er dem Nazi einen „mächtigen Stoß“ gegeben, so dass dieser mit dem Gewehr ins Wasser gefallen sei, so Brauner. „Ich zog die Hosen hoch und rannte, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte.“  Und er überlebte, anders als die meisten seiner jüdischen Verwandten. 

In einem Interview mit der Deutschen Welle 2016 berichtete Brauner, die Konfrontation mit den Augen eines toten jüdischen Jungen, der in den letzten Tagen vor Kriegsende von der SS umgebracht wurde, habe ihn dazu gebracht, sich seinen Jugendtraum zu erfüllen und ins Filmgeschäft einzusteigen. „Meine Absicht war, einen Film über die unschuldigen Opfer, über die Vernichtung eines ganzen Volkes zu produzieren.“ 

Und deshalb setzte sich Brauner immer wieder mit dem Thema „Holocaust“ auseinander. Gleich die zweite Produktion des damals jüngsten deutschen Produzenten, „Morituri“ (1948), war der erste Film, der sich nach dem Krieg mit der Shoah befasste.

Szene aus „Hitlerjunge Salomon“ (1990): Filme gegen das Vergessen

Ihm sollten viele weitere folgen, darunter „Die weiße Rose“, „Babij Jar“, „Wunderkinder“ oder auch „Hitlerjunge Salomon“, der ihm einen Golden Globe einbrachte. Es sind Filme gegen das Vergessen, das Verdrängen der Nazizeit, mit denen Brauner den Deutschen einen Spiegel vorhielt.

Findiger Geschäftsmann und großer Stratege

Ganz egal, was Brauner anpackte: Fast alle seine Filme wurden zu Gold. Er holte deutsche Hollywood-Emigranten zurück nach Deutschland, wie zum Beispiel Regie-Großmeister Fritz Lang, der für die CCC seine letzten Filme „Der Tiger von Eschnapur“ und „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ drehte. Oder Robert Siodmak, den er mit der Hauptmann-Adaption „Die Ratten“ (1955) betraute, in den Hauptrollen die deutschen Leinwandstars Maria Schell und Curd Jürgens.

Brauner überredete auch Romy Schneider zu einem letzten Film in Deutschland, „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“ (1982), als noch keiner ahnte, dass sie kurz nach der Premiere nicht mehr leben würde. Sie starb im Mai 1982.

Nach Einschätzung der Zeitschrift „Filmdienst“ prägte Brauner mit seiner CCC mehr als fünf Jahrzehnte lang den deutschen Film und war für über 250 Kino- und Fernsehproduktionen verantwortlich. Er war der typische Wirtschaftswunder-Unternehmer. In den Glanzzeiten des deutschen Films standen bei seiner Produktionsfirma CCC Stars wie Hans Albers, Heinz Rühmann, Gert Fröbe oder Lili Palmer vor der Kamera.

Produzent Brauner mit seinen Stars Romy Schneider und Lilli Palmer (1958): Knallharter Verhandlungspartner

Er habe sich nicht in die Arbeit seiner Regisseurs eingemischt, so Brauner, nur wenn die täglichen Kopien des Drehmaterials Mängel aufgewiesen hätten. Allerdings war er genug Geschäftsmann, um die Reißlinie zu ziehen, wenn das Budget überzogen wurde. So tauschte er 1965 beim Karl-May-Film „Durchs wilde Kurdistan“ Regisseur Franz Josef Gottlieb aus, der Drehplan in Spanien und Kosten völlig überzogen hatte.

Als knallharter Verhandlungspartner war er berüchtigt. US-Schauspieler Lex Barker zum Beispiel wollte er nach dem Dreh zweier Filme hintereinander nur die Gage für einen Film zahlen. Vor Gericht verlor er aber gegen den berühmten Schauspieler, der auf Nachzahlung geklagt hatte.

CCC bleibt in der Familie 

Bei der Firma CCC ist mittlerweile Brauners Tochter Alice in die Fußstapfen des berühmten Vaters getreten. Sie führt als Produzentin bereits seit einigen Jahren das Lebenswerk ihres Vaters fort. Bei der Berlinale 2018 schritten beide noch gemeinsam über den roten Teppich.

Brauner war Mitglied der Jüdischen Gemeinde in Berlin und rief noch 2018 die Jugendlichen dazu auf, sich gegen den aufkommenden Rechtspopulismus in der Gesellschaft zu stellen. Er war Träger des Bundesverdienstkreuzes, bekam zweimal den Golden Globe und den Ehrenbär der Berlinale für sein Lebenswerk. 2013 erhielt er die Ehrennadel der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.

In der internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem in Israel werden seit 2009 insgesamt 21 seiner Filmproduktionen regelmäßig gezeigt, die alle einen Bezug zur Shoah aufweisen. Der Filmproduzent selbst bezeichnete diese Vorführungen für Besucher der Gedenkstätte als „Krönung meines Filmschaffens“. 

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