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Kultur - 21.10.2018

„Deutschland 86“ startet bei Amazon

DDR-Spione in Afrika, Waffenhandel, Liebesaffären und zu Hause in der DDR bricht die Wirtschaft zusammen. Die deutsche Serie „Deutschland 86“ setzt auf internationale Schauplätze – und startet dementsprechend bei Amazon.

Strahlende Sonne statt miefigem Grau in Ost-Berlin, Südafrika statt DDR: „Deutschland 86“ beginnt, wie man es nach dem letzten Teil von  „Deutschland 83“ sicher nicht erwartet hätte. Die Schauplätze der Serie haben sich radikal gewandelt, zunächst zumindest. Südafrika, Angola und Libyen sind die exotischen Schauplätze, erst dann geht es nach Europa und Deutschland.

Dort hatte „Deutschland 83“ gespielt, eine achtteilige Serie, die vom privaten Fernsehanbieter RTL 2015 produziert und ins Abendprogramm gebracht worden war und die dann – in Fachkreisen zumindest – für weltweites Aufsehen gesorgt hatte. In „Deutschland 83“ ging es um DDR-Spionage und das Verhältnis zwischen West- und Ostdeutschland in Zeiten des Kalten Kriegs, um Liebe und Verführung, um Politik und Privates.

Im Zentrum des Geschehens: die Schauspieler Jonas Nay und Maria Schrader

Die Serie startete zunächst in den USA, erst später bei RTL. Und im Ausland war sie auch ein Erfolg: „Deutschland 83“ wurde in über 100 Länder verkauft. In Deutschland hielt sich der Erfolg in Grenzen. Beim Sender RTL fielen die Zuschauerquoten schwach aus. International hingegen wurde „Deutschland 83“ viel gesehen und auch ausgezeichnet. 2016 gab es einen „International Emmy Award“. Deutschland, so hieß es plötzlich, kann qualitativ auf dem international so populären Serien-Markt mithalten.

Amazon übernahm – RTL zog sich zurück

Irgendwie war dann klar, dass es eine Fortsetzung geben sollte – nur wo? RTL wollte angesichts der schwachen Quoten nicht mehr. Der US-Riese Amazon sprang ein und finanzierte die Fortsetzung „Deutschland 86“, die dann von der deutschen Firma „UFA Fiction“ produziert wurde. Und klar war dann auch, dass die Serie einen internationaleren Anstrich bekommen sollte.

„Deutschland 86“ beginnt also zunächst in Südafrika. Die Protagonisten kennt man zum größten Teil schon aus der früheren Staffel. Lenora Rauch (Maria Schrader) ist Führungsoffizierin der HVA (Hauptverwaltung Aufklärung, Auslandsnachrichtendienst der DDR) und hat im südlichen Afrika den Auftrag von Ost-Berlin bekommen, Devisen anzuschaffen – durch zwielichtige Waffengeschäfte.

Der neue deutsche Star Florence Kasumba (M.) ergänzt den „Deutschland 86“-Cast

Zu Hause in der DDR, man schreibt das Jahr 1986, liegt die Wirtschaft darnieder. Die Sowjetunion unter Gorbatschow ist nicht mehr bereit, Geld in die marode Wirtschaft der osteuropäischen Staaten zu pumpen. Gorbatschow hat andere Ziele – Glasnost und Perestroika sind die beherrschenden Schlagworte.

Also muss Geld her, um die DDR zu retten. Dabei ist Lenora Rauch und ihren Mitstreitern jedes Mittel recht – und alle humanistischen und sozialistischen Ideale werden über den Haufen geworfen. So kommt auch Oberfeldwebel Martin Rauch (Jonas Nay), Neffe von Lenora und zentrale Figur der ersten Staffel, wieder ins Spiel. Lenora Rauch holt den jungen Mann aus dem sozialistischen Bruderstaat Angola nach Südafrika. Martin soll sie bei ihren Operationen unterstützen.

Actionreiche Serie mit politischem Anspruch

Was folgt ist Action und Waffenhandel, Spionage und Liebesgeplänkel vor afrikanischer Kulisse – das Ganze erzählt vor dem Hintergrund des Apartheidsystems. „Die Assoziation zwischen dem Apartheidsystem und dem geteilten Deutschland ist zwar etwas haltlos, innerdeutsche Konflikte in die Welt zu tragen, ist aber ein erfreulich unverkrampfter Umgang mit dem Stoff, ohne ihn über Gebühr zu verharmlosen“, schrieb der Rezensent der Tageszeitung „Süddeutsche Zeitung“ zum Serienbeginn auf Amazon.

Optisch gelungen in Szene gesetzt: Jonas Nay in „Deutschland 86“

Auffällig überhaupt, dass die ersten deutschen Reaktionen auf die Fortsetzung positiver ausfielen als die Urteile über „Deutschland 83“. Die Vorgängerserie wurde zwar anfangs gut besprochen, dann wurde aber zunehmend bemängelt, dass es den Figuren an psychologischer Tiefe mangele und die deutsch-deutsche-Geschichte arg pauschal erzählt werden würde. Nicht zu Unrecht.

„Bildstarke Serie mit frischem Anstrich“

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ lobte zwar nicht überschwänglich, kam aber zu folgendem Urteil: „Mag die Handlung (…) zwischen historisch-nostalgisch, abenteuerlich, schwülstig und widersinnig schwanken, mögen die Dialoge hin und wieder ins Erklärhafte neigen und die Figuren nicht restlos glaubhaft sein, so ist trotzdem eine temporeiche, unterhaltsame, bildstarke Serie mit frischem Anstrich, guter Situationskomik und einer gewissen Punk-Attitüde im Hinblick auf die Afrikahandlung entstanden.“

Und die Tageszeitung „Die Welt“ meint sogar, „Deutschland 86“ verdiene jetzt tatsächlich den Erfolg, den die erste Staffel gehabt habe: „Die Erzählhaltung ist ernsthaft, nur noch sanft von Ironie angeraut – man könnte fast sagen, alles RTL-hafte ist ihnen abhandengekommen.“

Charismatischer Star: Jonas Nay bei der Deutschland-Premiere in Berlin

Das sind gute Vorzeichen für einen internationalen Erfolg von „Deutschland 86“, das wieder vom Autoren/Produzentenpaar Anna und Jörg Winger federführend in Szene gesetzt wurde. In den USA startet „Deutschland 86“ diesmal eine Woche später, bei „Sundance TV“ am 25. Oktober. „Sundance TV“ hatte bereits die Vorgängerstaffel „Deutschland 83“ ausgestrahlt – damals mit englischen Untertiteln, eine absolute Ausnahme im hart umkämpften US-Fernsehmarkt.

Dass sich „Deutschland 83“ zumindest bei einem kleineren Publikum durchsetzen konnte, war eine große Überraschung. Die Chance für „Deutschland 86“ stehen jetzt also gut – und eine dritte Staffel („Deutschland 89“), die den Fall der Mauer ins Zentrum der Erzählhandlung stellt, ist bereits in Arbeit.

Mehr zum Start von „Deutschland 86“ in der neuen Ausgabe von KINO. Darin auch Berichte über den neuen „Halloween“-Film aus den USA und die deutsche Produktion „25 KM/H“ mit Lars Eidinger und Bjarne Mädel.

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