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Wirtschaft - 29.11.2018

UN-Report als Feueralarm: Noch ist der Klimawandel begrenzbar

Forscher schlagen Alarm. Die Emissionen steigen weiter, die Erde heizt sich auf. Und trotzdem: Noch sei die Begrenzung auf 1,5 oder zwei Grad möglich, heißt es im UN-Report. Nur zögern darf man jetzt nicht mehr.

Der Bericht des Weltklimarates zum 1,5-Grad-Ziel sei der „globale Feueralarm“, sagt Joyce Msuya, stellvertretende Direktorin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen. „Die Regierungen müssen schneller und mit größerer Dringlichkeit vorgehen. Derzeit heizen wir das Feuer weiter an während unsere Löschmittel in Reichweite sind“, beschreibt Msuya die globale Situation.

Msuya stellte in Paris den Emissions Gap Report 2018 vor. Demnach ist es noch möglich die globale Erwärmung auf unter zwei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zu halten. Allerdings würden die technischen Möglichkeiten, die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad zu halten, ohne entschiedenes Handeln schwinden.

Laut Report sind die nächsten Jahre bis 2030 entscheidend. Um die Erwärmung zu bremsen, müssten die Emissionen weltweit erheblich schneller sinken als von den Ländern bisher zugesagt.

Es droht ein sehr anderer Planet als wir ihn jetzt kennen

Bleibt es bei den zugesagten Emissionsminderungen der Länder im Rahmen des Klimaabkommens von Paris, so würde demnach die globale Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts – im Vergleich zur vorindustriellen Zeit – um rund 3,2 Grad steigen. Und auch danach setzte sich der Temperauranstieg fort.

Das wäre dann „ein sehr anderer Planet als wir ihn jetzt kennen“, warnt Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Mitglied im Weltklimarat, vor allem dann, wenn die Menschheit so weiter mache wie bisher, „wir ungebremst weiter Treibhausgase emittieren und weitere Zunahmen wie in den letzten Jahrzehnten erlauben. Dann werden wir bis Ende des Jahrhunderts mindestens vier Grad globale Erwärmung erleben“, sagt Rahmstorf im DW-Interview. Durch die weitere Erwärmung würde die Temperatur dann „in weiteren 100 Jahren noch auf sieben, acht Grad ansteigen. Ich glaube nicht, dass die menschliche Zivilisation das überleben würde.“

Mehr dazu: Weltklimarat: 1,5-Grad-Ziel nur mit enormen Anstrengungen noch möglich 

Klimaschutz braucht ambitionierte Politik

Bislang steigen die Emissionen aber weiter: Laut UN-Report wurden 2017 weltweit insgesamt 53,5 Gigatonnen (Milliarden Tonnen) Treibhausgase freigesetzt. Das sind 0,7 Gigatonnen (Gt) mehr als 2016.

Bei dieser Zahl handelt es sich um die Summe aller Treibhausgase. Neben CO2 haben auch Methan (CH4), Lachgas (N2O) und der Verlust von Wäldern und Böden als Kohlenstoffspeicher einen Treibhauseffekt. Wissenschaftler rechnen alle Effekte zusammen, die Angaben erfolgen dann in „CO2 Äquivalent“ (CO2e).

Der UN-Report zeigt auf, wie groß die Handlungslücke ohne Trendwende wird: Halten sich die Staaten lediglich an ihre freiwillig gemachten Zusagen im Rahmen des Pariser Klimaabkommens, so werden die Treibhausgase bis 2030 auf 59 Gt CO2e steigen. Um den Temperaturanstieg auf zwei Grad zu begrenzen, müssen die Treibhausgasemissionen weltweit jetzt sehr schnell sinken – von rund 53,5 Gt CO2e (2017) auf rund 40 Gt CO2e im Jahr 2030. 

Für das 1,5-Grad-Ziel wäre die erforderliche Emissionsreduktion noch drastischer: Im Vergleich zu heute müssen sich die globalen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 mehr als halbieren auf nur noch rund 24 Gt CO2e.

Klimaanstrengungen müssen vervielfacht werden

Die Analyse der Autoren macht deutlich, dass die Klimaschutzpläne der Regierungen nicht ausreichen werden, um die in Paris vereinbarte Begrenzung der Erderwärmung zu erreichen. 

Die erhöhten Emissionen und verzögerte Maßnahmen führten dazu, dass die Kluft zur erforderlichen Reduktionsminderung sogar weiter gewachsen ist. „Jetzt mehr denn je müssten alle Staaten ihre Klimaschutzanstrengungen erhöhen“, sagt Mitautor Niklas Höhne vom New Climate Institut der Deutschen Welle.

Die Staaten müssten Ihre Ambitionen um das Dreifache erhöhen, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen und um das Fünffache für die Begrenzung auf 1,5 Grad, lautet ein Fazit des Reports.

Mehr dazu: Treibhauskonzentration erklimmt Allzeithoch 

Bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas entsteht CO2. Das ist schlecht für die Atmosphäre und die Temperatur steigt.

Engagement und Maßnahmen auf allen Ebenen

„Die Art von drastischen, umfangreichen Maßnahmen, die wir dringend benötigen ist noch nicht bekannt“, sagen die Klimaexperten in dem Report. Zugleich skizzieren die Autoren erforderliche Maßnahmen für die Umsetzung und sehen viele Potentiale auf Ebene der Städte, Kommunen, Unternehmen, Hochschulen, der Zivilgesellschaft und im Finanzsektor. Für die Transformation und für mutige Klimaschutzmaßnahmen werden diese Institutionen „zunehmend als Schlüsselelement für die Erreichung der globalen Emissionsziele anerkannt“. 

Die Sorge um den Planeten wächst: Immer mehr Bürger fordern den Stopp von Kohlekraft.

Ein noch größeres Potential zur Emissionsminderung sehen die Autoren in einer sorgfältig konzipierten Finanzpolitik. „Um die Emissionslücke zu schließen, ist eine nachhaltige Finanzreform ein entscheidender Baustein“, sagt Mitautorin Brigitte Knopf vom Mercator Reseach Institute for Global Commons and Climate Change.

„Neben dem Abbau von fossilen Subventionen muss eine solche Reform einen wirksamen CO2-Preis beinhalten. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung können dazu verwendet werden, andere Steuern zu senken, sie für Investitionen in nachhaltige Infrastruktur aufzuwenden oder einkommensschwache Haushalte zu kompensieren“, erklärt Knopf. „Derzeit sind allerdings die Hälfte der Energieemissionen unbepreist. Diese Politiklücke muss schnell geschlossen werden, wenn die Pariser Klimaziele noch erreichbar bleiben sollen.“

Mehr dazu: Mit einem CO2-Preis die Klimaziele von Paris erreichen

Klimalücke noch schließbar

„Es klafft weiter eine fatale Lücke zwischen Worten und Taten, zwischen den von den Staaten vereinbarten Zielen der Stabilisierung unseres Klimas und den Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele“, sagt Mitautor Gunnar Luderer vom PIK zum Fazit des Reports. „Jetzt mehr den je müssten alle Staaten ihre Klimaschutzanstrengungen erhöhen“, ergänzt Mitautor Höhne. Zugleich sieht er „in allen Sektoren gute Beispiele von politischen Maßnahmen, die heute erfolgreich Treibhausgasemissionen reduzieren. Wenn alle diesen Beispielen folgen würden, wäre die Lücke schon zur Hälfte geschlossen.“ 

Viel Schub und Potential für den Klimaschutz gebt es laut Bericht auch durch die Entwicklung der erneuerbaren Energien. „Seit das Pariser Klimaabkommen verabschiedet wurde sind die Kosten für erneuerbare Energien um grob ein Drittel weiter gesunken“, erklärt Höhne. „Dadurch ist heute mehr machbar als damals möglich erschien.“ 

Mehr dazu: Wie lässt sich die Welt zu 100 Prozent mit Erneuerbaren Energien versorgen? 


  • Was kann man für den Klimaschutz tun?

    1. Weniger Kohle, Öl und Gas nutzen

    Die meisten Klimagase kommen aus Kraftwerken, Industrie und dem Verkehr. Das Heizen von Gebäuden verursacht sechs Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Wer Energie effizient nutzt und Kohle, Öl und Gas einspart, schützt das Klima.


  • Was kann man für den Klimaschutz tun?

    2. Sauberen Strom selbst erzeugen

    Strom muss inzwischen nicht mehr aus Kohle-, Öl- und Gaskraftwerken kommen. Es gibt Alternativen – und die sind inzwischen sogar meist preiswerter. Strom lässt sich leicht selber produzieren und oft auch mehr als man braucht. Auf den Dächern gibt es für Solarmodule viel Platz, die Technik ist etabliert.


  • Was kann man für den Klimaschutz tun?

    3. Gute Ideen unterstützen

    Immer mehr Kommunen, Firmen und Genossenschaften investieren in erneuerbare Energien und verkaufen sauberen Strom. Dieser Solarpark gehört Saerbeck. Die deutsche Gemeinde mit 7200 Einwohnern produziert mehr Strom als sie braucht und ist ein Vorbild. Hier ist gerade eine Delegation aus den USA zu Besuch.


  • Was kann man für den Klimaschutz tun?

    4. Kein Geld für klimaschädliche Unternehmen

    Immer mehr Bürger, Pensionsfonds, Versicherungen, Universitäten und Städte ziehen ihr Geld aus fossilen Brennstoffunternehmen ab. Münster ist in Deutschland die erste Stadt, die sich der sogenannten Divestment-Bewegung angeschlossen hat. Weltweit haben das mittlerweile 57 Städte getan. Die globale Bewegung hat viel Dynamik, auch weil jeder mitmachen kann.


  • Was kann man für den Klimaschutz tun?

    5. Umsteigen auf Rad, Bus und Bahn

    Fahrräder, Bus und Bahn sparen viel CO2. Im Vergleich zum Auto ist ein Bus fünf Mal klimafreundlicher und ein elektrisch betriebener Zug mit Ökostrom sogar über 20 Mal. In Amsterdam fahren die meisten Bürger Rad. Die Stadt sorgt mit breiten Radwegen und Fahrradstraßen dafür, dass das gut geht.


  • Was kann man für den Klimaschutz tun?

    6. Nicht fliegen

    Fliegen ist äußerst klimaschädlich. Die Fakten zeigen das Dilemma: Zur Einhaltung des Klimaziele sollte jeder Erdbewohner im Durchschnitt weniger als zwei Tonnen CO2 pro Jahr verursachen. Ein Hin- und Rückflug zwischen Berlin und New York verursacht pro Person jedoch schon eine Klimawirkung von 6,5 Tonnen CO2.


  • Was kann man für den Klimaschutz tun?

    7. Weniger Fleisch essen

    Für das Klima ist auch die Landwirtschaft ein Problem. Beim Reisanbau und in den Mägen von Rindern, Schafen und Ziegen entsteht das sehr klimaschädliche Gas Methan. Kritisch sind Viehhaltung und weltweit wachsender Fleischkonsum auch wegen des zunehmenden Bedarfs an Soja für die Fütterung. Für den Soja-Anbau werden Regenwälder abgeholzt.


  • Was kann man für den Klimaschutz tun?

    8. Biolebensmittel kaufen

    Besonders klimaschädlich ist Lachgas. Sein Anteil am globalen Treibhauseffekt liegt bei sechs Prozent. Es entsteht in Kraftwerken und Motoren, vor allem aber durch Kunstdünger in der industriellen Landwirtschaft. Beim ökologischen Anbau sind diese verboten und deshalb wird weniger Lachgas freigesetzt. Das hilft dem Klimaschutz.


  • Was kann man für den Klimaschutz tun?

    9. Nachhaltig bauen und konsumieren

    Bei der Herstellung von Stahl und Zement entsteht viel CO2, beim Wachstum von Holz und Bambus wird CO2 dagegen gebunden. Die bewusste Wahl von Baumaterialien hilft dem Klima, das gleiche gilt für den Konsum. Für eine Massage und Frisur braucht man keine fossile Energie, für Plastikbecher, die jeden Tag im Müll landen, viel.


  • Was kann man für den Klimaschutz tun?

    10. Verantwortung übernehmen

    Wie kann man Treibhausgase vermeiden, damit weltweit alle Kinder und ihre Kinder ohne Klimakatastrophe gut leben? Diese Schüler sind fasziniert von sauberer Energie und sehen sie als Chance für ihre Zukunft. Jeder kann helfen, dass dies gelingt.

    Autorin/Autor: Gero Rueter


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