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Wirtschaft - 19.03.2019

Kommentar: Finger weg von den Banken!

Deutsche Bank und Commerzbank haben in dürren Sätzen bestätigt, „ergebnisoffen“ über eine Fusion zu sprechen. Dabei kann es nur ein Ergebnis geben, hofft Henrik Böhme.

Es grassiert offenbar ein Virus im Berliner Regierungsviertel. Weil sie da neuerdings dauernd von „nationalen Champions“ faseln, wenn es um die deutsche Wirtschaft geht. Das jüngste Opfer, das sie ausgemacht haben, ist die Deutsche Bank. Die Frankfurter, einst die einzige deutsche Großbank von Weltruf, soll jetzt ein solcher Champion werden und dazu – so wünscht es sich der Bundesfinanzminister – mit der Commerzbank fusionieren.

So geht das nun schon seit Wochen: Da wabern Gerüchte durch die Welt, da lässt der Finanzminister mal einen Satz fallen, dann kommt raus, dass beide Banken längst im allerkleinsten Kreis und informell miteinander reden. Und nun schließlich ist seit diesem Sonntag klar: Man spricht offiziell miteinander, um auszuloten, ob eine solche Fusion etwas bringen würde. Das alles ist Dilettantismus in Reinkultur.

Wenn beide Häuser wirklich von sich aus den Wunsch verspürt hätten,  zueinander zu finden, dann hätte man das so gemacht, dass niemand etwas davon mitbekommt. Mit verschlüsselten Mails kommuniziert, dem Projekt einen Codenamen verpasst, den nur wenige Eingeweihte kennen und dann kommuniziert, wann es die Börsenvorschriften verlangen: Nämlich dann, wenn es wirklich was mitzuteilen gibt.

Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

Dürre Mitteilungen, lustloser Brief

Nun aber, weil der Druck der Politik offenbar zu groß wurde, mussten beide Häuser am Sonntag Farbe bekennen. Beide taten das in der kürzest möglichen Form, die Commerzbank in einem einzigen langen Satz, die Deutsche in vier kurzen Sätzen. Deutsche Bank-Chef Sewing schob immerhin noch einen Brief an seine Mitarbeiter hinterher. Da liest man aus jeder Zeile, wie sehr Sewing diese Fusion genau nicht will. Man müsse sich, so heißt es da, „mit Gelegenheiten beschäftigen, wenn sie sich bieten“. Die Commerzbank – eine Gelegenheit?

Man will „ergebnisoffen“ reden, immerhin, und die Deutsche Bank verweist noch darauf, dass es keine Gewähr dafür gibt, dass es zu einer „Transaktion“ kommt. Das ist vielleicht auch ein Satz, der extra für den Bundesfinanzminister geschrieben wurde. Offenbar will Olaf Scholz das Zusammengehen der beiden Häuser unbedingt.

Was aber kann es sein, das den Sozialdemokraten und Vizekanzler treibt? Okay, dem Bund gehören noch immer 15 Prozent der Commerzbank-Aktien, als Erinnerung daran, dass die Commerzbank in der Finanzkrise gerettet werden musste. Und warum musste sie gerettet werden? Weil sie kurz vorher für neun Milliarden Euro die Dresdner Bank gekauft hatte. Nach der Finanzkrise hat die Politik versprochen (nicht nur die deutsche): Nie wieder soll eine Bank mit Steuergeldern gerettet werden müssen. Wirklich gehalten hat das Versprechen nicht, Italien zum Beispiel rettet fleißig weiter seine maroden Banken. 

Sollte es nun tatsächlich zur „Deutschen Commerzbank“ kommen, wäre der Staat noch immer mit fünf Prozent an dem fusionierten Institut beteiligt. Das könnte man als eine Art staatliche Bestandsgarantie begreifen. Das neue Geldhaus wäre schon durch seine Bilanzsumme (es wäre die Nummer 2 in Europa hinter BNP Paribas) „too big to fail“ und würde im Falle einer Schieflage natürlich vom Staat gerettet werden müssen.

Die Frage nach dem Sinn

Aber nach wie vor kann niemand erklären, worin der Sinn einer solchen Fusion liegen soll und was die Vorteile wären. Bei der Bilanzsumme Nummer 2 in Europa zu sein klingt zwar gut, ist aber auf dem Papier nichts wert. Denn schon beim Börsenwert sieht es dramatisch viel düsterer aus. Beide Banken besitzen sich überschneidende Geschäftsbereiche, vor allem im Bereich der Mittelstands-Finanzierung. Dort, im Mittelstand, bei den vielen „heimlichen Weltmeistern“, macht man sich derzeit wohl die allermeisten Sorgen. Denn die wollen einen klaren Ansprechpartner in Sachen Unternehmens-Finanzierung. Und der könnte ihnen abhanden kommen, sollten die beiden Häuser tatsächlich zusammenfinden, weil es Olaf Scholz so will.

Denn durch einen solchen Zusammenschluss wäre die neue Großbank viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt: Eine Fusion bindet jahrelang Kräfte, kostet Milliarden und wahrscheinlich Tausende und Abertausende Jobs. Dabei hat die Deutsche Bank derzeit alle Hände voll damit zu tun, die Postbank (die größte deutsche Privatkundenbank) ein zweites Mal zu integrieren; beim ersten Mal hat das nicht geklappt, Milliarden hat es trotzdem gekostet. Und jetzt noch eine weitere Bank dazu, mit unterschiedlichsten IT-Systemen, mit der Entflechtung sich überschneidender Geschäftsfelder. Das ist eigentlich nicht leistbar.

Nein, die Fusions-Idee des Olaf Scholz für einen nationalen Banken-Champion ist eine schlechte, um nicht zu sagen: Sie ist Unfug. Bleibt zu hoffen, dass wenigstens die Gespräche zwischen den beiden Banken nicht von dem unqualifizierten Dazwischenreden aus Berlin beeinflusst werden. Im übrigen hat Deutschland in Sachen Banken längst wieder einen nationalen Champion: Die Sparkassen, oft als langweilig und als teurer Apparat verschrien, haben im vergangenen Jahr über zwei Milliarden Euro verdient. So waren sie 2018 dramatisch effizienter als eine Deutsche oder eine Commerzbank.     

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