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Wirtschaft - 17.11.2018

Das Mario-Draghi-Rezept: „Mehr Europa!“

Beim europäischen Bankenkongress in Frankfurt macht sich der EZB-Chef Gedanken über die Zukunftsfähigkeit der Währungsunion. Dabei verliert er aber auch die aktuelle Geldpolitik nicht aus dem Blick.

EZB-Präsident Mario Draghi hält sich die Option, aus der lockeren Geldpolitik auszusteigen, noch etwas offen. Man plane, zum Jahresende die Anleihekäufe zu beenden, sagte Draghi auf dem „European Banking Congress“ in Frankfurt.

Doch diese Option sei, genau wie auch eine mögliche Zinserhöhung nach dem Sommer nächsten Jahres, abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung. Er sehe zwar keinen Grund, warum die Expansion im Euroraum abrupt enden sollte. Nach einer solch langen Erholung sei eine graduelle Abschwächung normal. Doch sollte es anders kommen, dann sei die EZB vorbereitet.

Seitenhieb Richtung Rom

„Draghi hat sich einen Spalt offen gelassen, die lockere Geldpolitik fortzusetzen“, sagte Thomas Mayer, Gründungsdirektor des Flossbach-von Storch-Research-Instituts und früherer Chefvolkswort der Deutschen Bank. Diesen Ausweg ließ sich der EZB-Präsident wohl auch im Hinblick auf zwei große Risiken.

Denn ob der Brexit geordnet oder doch hart wird, ist immer noch nicht klar. Und zum zweiten belastet der Haushaltsstreit der italienischen Regierung mit der EU-Kommission.

Italien erwähnte der EZB-Präsident jedoch nur indirekt. Um Haushalte und Unternehmen vor steigenden Zinsen zu schützen, sollten hochverschuldete Länder ihre Schulden nicht weiter erhöhen, mahnte Draghi und ergänzte: „Und alle Staaten sollten die Regeln der Gemeinschaft respektieren“. Das darf man wohl als Seitenhieb auf die jüngsten Äußerungen der populistischen italienischen Regierung verstehen.

Wie ansteckend ist die italienische Krankheit?

Italien und der Brexit – das ist auch für die Banken ein großes Thema. „Man muss sich immer auf das Schlimmste vorbereiten“, sagte Commerzbank-Chef Martin Zielke. Doch mit einem guten Risikomanagement könne man darauf reagieren, sagte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing.

Seine Zuversicht begründete er auch damit, dass die Finanzmärkte bisher Italien als einzelnes Land mit Risiken sähen, also keine Ansteckungsgefahr für andere Staaten vorhersagten. Das zeigt sich in den höheren Risikoaufschlägen für italienische Staatsanleihen – die Anleger zeigen so ihre Sorge, ob die Rückzahlung dieser Anleihen womöglich gefährdet ist. „Nicht nur die Banken, das gesamte Finanzsystem ist widerstandsfähiger geworden“, sagte Sewing. „Und das sollten wir immer im Kopf behalten und nicht alles schlecht reden.“

Die Banken fürchten die Nicht-Banken

Neben diesen Risiken verwiesen Sewing und Zielke vor allem auf die Herausforderungen durch neue Wettbewerber. Da stehen die Banken nicht nur in Konkurrenz mit Fintechs, Finanztechnologieunternehmen, die ihnen in einzelnen Bereichen ihrer Wertschöpfungskette, etwa im Zahlungsverkehr, das Leben schwer machen.

Größere Probleme könnten die „Nicht-Banken“ bereiten, die großen Digitalunternehmen in den USA und Asien, warnte Zielke und mahnte gleiche Bedingungen für alle an: „Wenn das nicht geschieht, könnte das Bankensystem in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.“

Gute Ideen müssen her

Die größte Gefahr drohe den Banken, wenn sie zum Produktlieferanten für diese Plattformen würden – gemeint sind etwa Google oder Amazon, mahnte Sewing. Deshalb müsse man in Europa selbst Plattformen besitzen.

Das aber könne nicht eine Bank allein, aber vielleicht in Joint Ventures, Gemeinschaftsunternehmen also. „Wir sollten nicht immer nur an Konsolidierung denken, sondern etwas kreativer sein“, warnte der Deutsche- Bank-Chef vor der Fokussierung auf das Zusammengehen von Banken wie der von Deutscher und Commerzbank, da müsse Europa enger zusammenrücken.

Das sieht auch Mario Draghi so – er plädiert für eine baldige Vollendung der Banken- und Kapitalmarktunion. Die beste Antwort auf die Bedrohungen der Währungsunion sei: „Mehr Europa.“

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