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Politik - 27.01.2019

VdK besorgt über Hinweise auf wachsende Altersarmut

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Mainz (dpa/lrs) – Der Sozialverband VdK will im April eine groß angelegte Kampagne für ein Rentenniveau von 50 Prozent starten. Das Rentenpaket der Bundesregierung mit der Vorgabe, das Rentenniveau bis 2025 nicht unter 48 Prozent sinken zu lassen, sei nicht ausreichend, kritisierte der rheinland-pfälzische VdK-Landesvorsitzende Willi Jäger. Das Rentenniveau bezeichnet das Verhältnis der Rente zu den Löhnen. Die geplante bundesweite Kampagne mit dem Motto «Rente für alle», solle auch junge Menschen davon überzeugen, für eine sichere Altersversorgung einzutreten, sagte Jäger.

«Auf längere Sicht ist ein Rentenniveau von 50 Prozent nur finanzierbar, wenn alle in das gleiche System einzahlen, auch Beamte und Selbstständige», sagte Jäger im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Dabei könne sich Deutschland auch an den Erfahrungen in Österreich orientieren, wo 2005 eine umfassende «Pensionsharmonisierung» in Kraft trat und die zuvor unterschiedlichen Regelungen für Angestellte, Selbstständige und Bauern ablöste.

Mit einer Stichtagsregelung könnte ein Bestandsschutz für alle diejenigen sichergestellt werden, die sich bei der Planung ihrer Altersversorgung auf die bisherigen Regelungen verlassen hätten, sagte die Abteilungsleiterin für Sozialpolitik und Sozialrecht beim VdK Rheinland-Pfalz, Marlen Holnick. «Es muss sichergestellt sein, dass jeder im Alter von der Rente leben kann und dass gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht wird.»

Die VDK-Referenten Ida Schneider und Moritz Ehl erfahren immer wieder aus dem Kreis der rund 200 000 VdK-Mitglieder in Rheinland-Pfalz von Anlässen, die zu Altersarmut führen. Dazu gehört etwa der mit hohen Abschlägen verbundene vorzeitige Rentenantritt, «weil Menschen es gesundheitlich nicht mehr schaffen, weil psychische Probleme sich verstärken oder weil der Partner plötzlich stirbt».

Nach den zuletzt verfügbaren Daten des Statistischen Landesamts erhielten 2017 in Rheinland-Pfalz 22 018 Menschen die Grundsicherung im Alter, das waren 3,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Bezogen auf 1000 Rheinland-Pfälzer über der Regelaltersgrenze bekamen 27,5 diese Leistung, allein in den kreisfreien Städten sind es 46,9. «Hinzu kommt eine große versteckte Zahl von alten Menschen, die sich davor scheuen, Leistungen zu beantragen, etwa weil sie sich vor Nachbarn genieren», sagte Holnick. «Da gibt es eine große Dunkelziffer.»

Die Kampagne solle vor allem das Bewusstsein für die Versorgung im Alter schärfen, sagte Jäger. Erster Adressat sei die Bundesregierung. «Aber wir wollen, dass auch die Landesregierung in die Pflicht genommen wird und etwa über den Bundesrat für eine umfassende Reform der Altersversorgung eintritt.»

Von den die Landesregierung tragenden Fraktionen erhofft sich der VdK Unterstützung für die Initiative eines landesweiten Sozialtickets für die 310 000 Bezieher von Grundsicherung und Sozialhilfe in Rheinland-Pfalz. Er sei enttäuscht über die reservierte Reaktion der SPD-Fraktion, sagte Jäger. Eine umfassende Unterstützung der kostenlosen ÖPNV-Nutzung für Bezieher von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II gibt es bislang nur von den Grünen. «Wir müssen den Druck weiter halten und wir haben starke Partner mit dem DGB und der Liga der freien Wohlfahrtspflege.»

In der Pflege fordert der VdK von der Landesregierung eine Lockerung der Bestimmungen für Angebote zur Unterstützung im Alltag. Pflegebedürftige und ihre Angehörige können bis zu 125 Euro im Monat von der Pflegekasse beantragen, um sich Unterstützung beim Putzen, Einkaufen oder Spazieren gehen zu holen. Allerdings gebe es kaum Anbieter für diese Dienste, weil die Landesverordnung ein umfangreiches schriftliches Konzept und bis zu 160 Stunden Fortbildungsmaßnahmen von ihnen fordert, kritisiert der VdK. Die Landesverordnung dazu verlangt für die Anerkennung ein «schriftliches Konzept zur Qualitätssicherung».

Damit werde jede unkomplizierte Nachbarschaftshilfe de facto ausgeschlossen, kritisierte Holnick. «Wir finden, dass die Zugangshürden für Privatpersonen zu hoch sind und dass der Rechtsanspruch dadurch ins Leere läuft.» Für eine niedrigschwellige Unterstützung im Alltag sollte die Qualitätsanforderung nicht zu hoch sein, zumal es gerade auf dem Land viel zu wenige professionelle Pflegedienste gebe. In anderen Ländern wie Nordrhein-Westfalen seien die Zugangshürden nicht so hoch.

Die Nachfrage nach der Sozialrechtsberatung in den 750 Ortsverbänden des VdK sei seit der Hartz-IV-Reform von 2005 deutlich gestiegen, sagte Jäger. «Der Behördendschungel ist unübersichtlicher geworden», fügt Holnick hinzu. «Da geht der Überblick oft verloren.»

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