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Politik - 09.01.2019

SPD-Generalsekretär: „Es sind Dinge passiert, die wir nicht akzeptieren“

SPD-Generalsekretär Daniel Stich wartet im Fall Held auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Im Datenskandal warnt er vor voreiligen Schlüssen.

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MAINZ – Daniel Stich erinnert die vom Datenklau betroffenen Abgeordneten an ihre Sorgfaltspflichten. Einen Vorwurf macht der SPD-Generalsekretär aber niemandem von ihnen. Im Fall des Oppenheimer Ex-Bürgermeisters Marcus Held warnt er vor einer „absurden Verschwörungstheorie“ und mit Blick auf eine Kampfabstimmung bei der Europawahl-Liste vor „unsinniger Überinterpretation“.

Herr Stich, fünf von neun Bundestagsabgeordneten und 38 von 39 Landtagsabgeordneten der rheinland-pfälzischen SPD sind vom Datenklau betroffen. Waren die unvorsichtiger oder wichtiger für den Hacker als Repräsentanten anderer Parteien?

Das kann man so nicht schlussfolgern. Es geht ja keineswegs nur um Personen aus der Politik. Auch prominente Medienvertreter und Künstler sind betroffen. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen.

ZUR PERSON

Daniel Stich, geboren 1976 in Kaiserslautern, verheiratet, zwei Kinder. Seit 2016 Generalsekretär der rheinland-pfälzischen SPD. 2005/2006 Wahlkampfreferent, danach Referent im Innenministerium und in der Staatskanzlei. Ab 2014 als Landesgeschäftsführer befasst mit der Koordinierung des Landtagswahlkampfs 2016.

Dem die Partei wie begegnet?

Das Thema Sicherheit im Internet ist für uns nicht neu, denken Sie an den Hackerangriff auf das Netzwerk des Bundestages oder fast tägliche fake news. Beim SPD-Bundesparteivorstand gibt es einen Sicherheitsbeauftragten, ebenso bei den Landesverbänden. Wir stehen in der Partei im permanenten Austausch mit diesen Spezialisten. Und jedem persönlich muss klar sein: Er hat Sorgfaltspflichten. Da wollen wir unsere Leute noch besser sensibilisieren.

Aber Sie machen niemandem, der gehackt wurde, einen Vorwurf?

Nein, natürlich nicht, sie sind Opfer. Man muss auch sehen: Bundesweit wurden in der SPD deutlich unter 20 Personen gehackt, aber rund 300 Personen waren mit ihren Daten betroffen. Das ist für die Betroffenen persönlich sehr gravierend. Es wurden aber Gott sei Dank keine Staatsgeheimnisse verraten.

Hat das Thema Datenklau Auswirkungen auf das Wahlkampfmanagement 2019, bei Kommunalwahl und Europawahl?

Nein. Achtsamkeit steht von jeher auf unserer Agenda.

Vor allem bei den Kommunalwahlen hat die SPD vermutlich einen schweren Stand, nach verlorenen Landratswahlen. Und die Umfragewerte der Bundes-SPD sind eher Gegenwind.

Es gibt nicht gerade Rückenwind. Aber seit 1991 zeichnet sich unsere rheinland-pfälzische SPD durch Geschlossenheit und großen Kampfgeist aus. Das ist unser Erfolgsrezept.

Apropos Geschlossenheit: Bei der Listenaufstellung für die Europawahl gab es eine Kampfkandidatur um Platz 1. Der vorgesehene und dann auch siegreiche Norbert Neuser hatte als Gegenkandidatin Lisa Wüchner, die vom Fraktionsvorsitzenden Alexander Schweitzer unterstützt wurde. Manche deuten das so: Schweitzer wollte Malu Dreyer zeigen, dass er ambitioniert ist und irgendwann aus der Kronprinzenrolle heraustreten will.

Das ist eine extreme und unsinnige Überinterpretation. Das war eine Kampfkandidatur. Nicht mehr und nicht weniger. Unsere Parteispitze steht. Der Vorsitzende Roger Lewentz wurde auf dem Parteitag im November durch ein herausragendes Ergebnis gestärkt, Alexander Schweitzer ist ein herausragender Fraktionschef und Malu Dreyer ist eine herausragende Ministerpräsidentin und absolut unumstritten…

..das waren Helmut Kohl und Helmut Schmidt auch lange Zeit…

Mag sein, trotzdem: Malu Dreyer ist, solange sie will, als Spitzenkandidatin für 2021 völlig konkurrenzlos.

Wenn die Rheinland-Pfälzerin Katarina Barley als Spitzenkandidatin der Bundes-SPD ins Europaparlament einzieht, wird ihr Amt als Bundesjustizministerin frei. Erwartet die rheinland-pfälzische SPD, dass der nächste Bundesjustizminister oder die nächste Bundesjustizministerin aus ihren Reihen kommt?

Unabhängig von der Neubesetzung im Justizministerium ist die rheinland-pfälzische SPD in Berlin mit Andrea Nahles, Malu Dreyer als ihrer Stellvertreterin und mit anderen hervorragend vertreten.

Belastet die Affäre um den früheren Oppenheimer Bürgermeister und SPD-Bundestagsabgeordneten Marcus Held, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Untreue ermittelt, die SPD-Wahlkämpfe?

Wir warten darauf, dass die Staatsanwaltschaft Mainz ihre Entscheidung verkündet, ob und wenn ja, in welchem Umfang sie Anklage erhebt. Wir sind in höchstem Maße an Klarheit interessiert.

Schon vor Monaten lautete die Stellungnahme: In der rheinland-pfälzischen SPD wird Marcus Held keine Zukunft haben. Bleibt es dabei, auch wenn die Staatsanwaltschaft ihn gar nicht anklagt und er somit juristisch unschuldig bliebe?

Unsere Aussage steht. Es sind Dinge passiert, die wir nicht akzeptieren.

Was halten Sie von der Theorie, das FDP-geführte Mainzer Justizministerium sorge dafür, dass die Staatsanwaltschaft die Causa Held ohne Entscheidung in die Länge ziehe, damit Gras drüber wächst und der SPD, die die Ampelkoalition führt, möglichst wenig Schaden entsteht?

Das ist eine Verschwörungstheorie, und zwar eine völlig absurde.

Das Interview führte Reinhard Breidenbach.

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