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Politik - 09.12.2018

Schicksalstage für Großbritannien und die EU

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London (dpa) – Ist dies die Woche, in der der Exit vom Brexit beginnt? Zumindest stehen jeden Tag Entscheidungen an, die das ungeheuer schwierige und umstrittene Vorhaben des britischen EU-Austritts in eine neue Richtung lenken könnten.
Vor allem im Blickpunkt: das Votum des britischen Parlaments über den Brexit-Plan von Premierministerin Theresa May.
MONTAG:
Der Europäische Gerichtshof fällt sein Urteil, ob Großbritannien seinen Antrag für den EU-Austritt vom März 2017 einseitig zurückziehen und den Brexit damit stoppen könnte. Die EU-Seite geht bisher davon aus, dass die übrigen Staaten der Gemeinschaft zustimmen müssten. Der zuständige EuGH-Generalanwalt meint jedoch, die Entscheidung liege allein in London. Folgen ihm die Richter, wäre die Schwelle für eine Abkehr vom Brexit viel niedriger als gedacht.
DIENSTAG:
Für den weiteren Verlauf ist dies der Tag der Tage: Das britische Unterhaus entscheidet über das äußerst mühsam zwischen London und Brüssel ausgehandelte Vertragspaket über den Austritt und die künftigen Beziehungen. Im Parlament ist aber keine Mehrheit für den Deal absehbar. Den strikten Brexit-Befürwortern ist die Anbindung an die EU zu eng und zu dauerhaft, den Gegnern ist sie zu gering und zu kompliziert. Die nordirische DUP, auf deren Stimmen May eigentlich angewiesen wäre, rebelliert gegen einen vorgesehenen Sonderstatus für das britische Nordirland. Kann May dennoch irgendwie genügend Stimmen zusammen bekommen? Unwahrscheinlich. Die Entscheidung fällt abends.
MITTWOCH:
Scheitert Mays Plan im Parlament, muss sie entweder noch einmal abstimmen lassen – oder es braucht einen Plan B. Aus der britischen Regierung und der Opposition mehren sich Signale, dass dann eine engere Anbindung an die EU erwogen werden könnte, zum Beispiel der Verbleib in Binnenmarkt und Zollunion. Nicht mehr völlig undenkbar ist ein zweites Referendum. Am Tag nach der Abstimmung werden alle Seiten anfangen, sich zu sortieren. In Straßburg berät das Europaparlament, wie es aus Sicht der EU weiter gehen könnte.
DONNERSTAG UND FREITAG:
In Brüssel kommen die EU-Staats- und Regierungschefs zu ihrem letzten Gipfel des Jahres zusammen und haben eigentlich ganz andere Themen auf der Tagesordnung – Migration, Klima, Russland-Sanktionen, Euroreformen. Die Brexit-Entscheidung dürfte aber zunächst alles überlagern. Wie wird die EU reagieren? Die Brexiteers wollen, dass May nachverhandelt und Zugeständnisse herausholt. Die EU-Seite schließt das bisher aus. Die andere Frage: Wird vielleicht die Ausstiegsphase verlängert? Diese endet nach Artikel 50 der EU-Verträge eigentlich genau zwei Jahre nach dem Austrittsantrag, also am 29. März 2019. Doch auf Antrag Großbritanniens könnten die 27 bleibenden EU-Staaten eine Verlängerung herbeiführen.

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