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Politik - 10.06.2019

Kritik an Smart-Home-Geräten hält an

Werden wir in Zukunft über unsere smarten Geräte zu Hause abgehört? Diese Vorstellung alarmiert Kritiker. Seehofer beschwichtigt – und betont den besonderen Schutz von Wohnungen.

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Berlin (dpa) – Angesichts von Überlegungen der Innenminister, Ermittlern den Zugriff auf Daten digitaler Sprachassistenten zu ermöglichen, warnen Kritiker vor einem massiven Angriff auf die Privatsphäre.

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) äußerte sich besorgt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, sprach vom «Lauschangriff 4.0». Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius widersprach allerdings den Angaben, denen zufolge die Innenminister von Bund und Ländern prüfen, die Bürger bei der Strafverfolgung über digitale Sprachassistenten und smarte Haushaltsgeräte abzuhören. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) betonte, den Sicherheitsbehörden seien in Wohnungen enge Grenzen gesetzt.

VDZ-Vizepräsident Philipp Welte sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wenn Behörden ermächtigt werden sollten, die Daten von digitalen Sprachassistenten in den Haushalten der Journalisten abzuhören, macht der Staat sich zum Komplizen nicht legitimierter Datenpiraten.» Er warnte: «Die wirklich massive Gefahr für die Freiheit in unserer Demokratie geht aus von der komplett unregulierten Datenerfassung US-amerikanischer Technologie-Plattformen in unseren Haushalten und damit in den intimen Privatsphären der Menschen.»

In Unterlagen zur Vorbereitung der anstehenden Innenministerkonferenz (IMK) heißt es: Digitalen Spuren komme «eine immer größere Bedeutung» zu. Daher müssten die Strafverfolgungsbehörden in der Lage sein, «digitale Spuren zu erkennen, zu sichern und auszuwerten».

Wer mit dem Internet verbundene Sprachassistenten verwendet, hinterlässt genauso digitale Spuren wie die Nutzer «smarter» Fernseher, Hightech-Kühlschränke oder moderner Alarmanlagen. Diese Spuren sind für Ermittler potenziell interessant. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte vergangene Woche, die Beratungen der Innenministerkonferenz vom 12. bis 14. Juni in Kiel seien erst der «Einstieg in die Diskussion». Zur Aufklärung welcher Verbrechen die Auswertung solcher Geräte angestrebt werden könnte, ließ er offen.

Seehofer teilte der dpa am Montag mit: «Für das Handeln der Sicherheitsbehörden in Wohnungen gibt unser Grundgesetz zu Recht enge Grenzen vor. In einem freiheitlichen Rechtsstaat ist dieser besondere Schutz des privaten Lebensumfeldes der Menschen eine Selbstverständlichkeit.» Daran dürfe auch die Digitalisierung nichts ändern. «Wir stehen erst ganz am Anfang einer juristischen Prüfung angesichts sich dynamisch verändernder technischer Herausforderungen», erklärte der Minister.

Niedersachsens Innenminister Pistorius sagte der dpa in Hannover, bei der bevorstehenden Konferenz gehe es beim Tagesordnungspunkt «Digitale Spuren» nicht darum, die möglichen Datenquellen für die Polizeiarbeit zu erweitern. Ein Blick nach China zeige, wohin der hemmungslose Gebrauch von Daten führen könne. «Dann hätte letztlich jeder, der «Alexa» oder «Google Home» benutzt, im Zweifel eine Abhörwanze im Wohnzimmer», sagte der Sprecher der SPD-Innenminister.

Buschmann (FDP) sagte: «Hier droht der Lauschangriff 4.0. Das Internet der Dinge mit seinen Sensoren und Mikrofonen würde zu einer Welt von potenziellen Wanzen werden.» Die Innenminister sollten «von diesem maßlosen Eingriff in die Privatsphäre des Einzelnen die Finger lassen». «Wir brauchen keine Diskussion über neue invasive staatliche Überwachungsbefugnisse, sondern darüber, wie wir die Vertraulichkeit und Integrität unserer IT-Geräte und unserer Daten schützen.»

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums hatte vor kurzem dazu gesagt, es sei für die Kriminalitätsbekämpfung wichtig, dass den Sicherheitsbehörden auch die auf Smart-Home-Geräten gespeicherten Daten nicht verschlossen blieben. Eine Prüfung der damit verbundenen rechtlichen Fragen dauere noch an.

Laut Pistorius wollen sich die Minister mit der Frage beschäftigen, wie die Polizei mit den immer größeren Datenmengen umgehen solle, etwa bei der Aufklärung von Verbrechen im Zusammenhang mit Kinderpornografie. Entscheidend seien die Daten, die auf der jetzigen rechtlichen Grundlage bereits ausgewertet werden dürften.

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