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Politik - 02.11.2018

Jair Bolsonaro: Ein Extremist erobert die Mitte

Rio de Janeiro (dpa) – Sein zweiter Vorname ist Messias – und viele seiner Anhänger sehen in Jair Bolsonaro tatsächlich den Retter Brasiliens. Als Präsident will er mit der weit verbreiteten Korruption in Lateinamerikas größter Volkswirtschaft aufräumen und mit harter Hand gegen Verbrecher vorgehen.
Der Ex-Militär provoziert immer wieder mit rechtsextremen Parolen und Ausfällen gegen Frauen und Minderheiten. Die Brasilianer haben ihn trotzdem zu ihrem Staatschef gemacht. Zu groß ist der Frust der Wähler über die traditionellen Politiker, die über alle Parteigrenzen hinweg in eine Reihe von Korruptionsskandalen verwickelt sind. «Ich werde den Saustall Brasília ausmisten», verspricht der Hauptmann der Reserve.
Dabei ist der 63-Jährige selbst ein Insider: Seit fast drei Jahrzehnten mischt er in der Politik mit, saß für neun verschiedene Parteien im Parlament. Allerdings wurde er bislang nie mit den großen Korruptionsskandalen in Verbindung gebracht.
Wegen seiner populistischen Forderungen, seiner Vorliebe für Twitter und der «Brasilien zuerst»-Rhetorik gilt Bolsonaro in Anlehnung an den US-Präsidenten als «Trump der Tropen». Andere vergleichen ihn eher mit dem philippinischen Staatschef Rodrigo Duterte, der ebenso wie Bolsonaro mit äußerster Gewalt gegen vermeintliche Kriminelle vorgehen will.
Bolsonaro gibt sich als Verteidiger traditioneller Familienwerte, ist selbst aber bereits zum dritten Mal verheiratet. Zwei seiner Söhne sind Abgeordnete und gelten als die Köpfe hinter Bolsonaros Wahlkampf.
Bolsonaro ist strikt gegen Homo-Ehe und Abtreibung. Damit kommt er vor allem bei den evangelikalen Christen gut an, die in Brasilien an Einfluss gewinnen. Zudem will er das Waffenrecht liberalisieren und gilt als Unterstützer der mächtigen Agrarlobby. Seine Ideologie wird als «Bala, Boi e Bíblia» (Kugel, Vieh, Bibel) beschrieben.
Bolsonaro hat im Wahlkampf eine Allianz aus Evangelikalen, nationalistischen Militärs und der neoliberalen Wirtschaftselite geschmiedet, die zum Teil sehr unterschiedliche Interessen verfolgen. Welche dieser rechten Strömungen nach seinem Amtsantritt am 1. Januar 2019 den Kurs der Regierung bestimmt, muss sich noch zeigen.

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