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Politik - 02.01.2019

Ex-Militär Bolsonaro tritt Präsidentenamt an

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Brasilia (dpa) – Das größte Land Lateinamerikas steht vor einem Rechtsruck: Mit dem früheren Fallschirmjäger Jair Bolsonaro übernimmt ein ultrarechter Populist das höchste Staatsamt in Brasilien.

Der 63-Jährige legte im Kongress seinen Amtseid ab und übernahm im Regierungspalast Planalto die Präsidentenschärpe von seinem Amtsvorgänger Michel Temer. Damit steuert Brasilien auf einen radikalen Richtungswechsel zu.

«Wir haben jetzt die einzigartige Möglichkeit, unser Land neu aufzubauen», sagte Bolsonaro. «Heute ist der Tag, an dem die Menschen beginnen, sich vom Sozialismus, vom staatlichen Gigantismus und dem politisch Korrekten zu befreien.»

Zuvor war er gemeinsam mit seiner Ehefrau Michelle in einem offenen Rolls Royce durch die Hauptstadt Brasilia gefahren. Seine Anhänger skandierten Bolsonaros Wahlkampfslogan: «Brasilien über alles, Gott über allen.» Kritiker befürchten, dass Bolsonaro den Schutz von Minderheiten zurückfahren, Regeln zum Naturschutz lockern und Unternehmen bei ihren Geschäften weitgehend freie Hand lassen wird. Manche sehen in ihm sogar eine Gefahr für die noch junge Demokratie Brasiliens.

Lob hingegen kam von Bolsonaros Vorbild Donald Trump. «Glückwunsch an Präsident Jair Bolsonaro, der gerade eine großartige Rede zur Amtseinführung gehalten hat – die USA sind bei Ihnen!», schrieb der US-Präsident auf Twitter. Der Ex-Militär, der von Analysten auch als «Trump der Tropen» beschrieben wird, revanchierte sich umgehend: «Lieber Präsident Trump, ich weiß Ihre ermutigenden Worte wirklich zu schätzen. Gemeinsam und unter Gottes Schutz werden wir unseren Völkern Wohlstand und Fortschritt bringen.»

Persönlich gratulierten bei den Feierlichkeiten in Brasilia US-Außenminister Mike Pompeo, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der ungarische Regierungschef Viktor Orban, der chilenische Präsident Sebastián Piñera und sogar der linke bolivianische Staatschef Evo Morales. Bolsonaros Anhänger feierten den Amtsantritt ihres Helden auf den Straßen und Plätzen. «Mythos, Mythos», skandierten sie und: «Der Hauptmann ist gekommen.»

Menschenrechtsaktivisten und Umweltschützer erwarten nach Bolsonaros Amtsantritt das Schlimmste. Der neue Präsident hatte sich zuletzt immer wieder abfällig über Schwarze, Indigene und Homosexuelle geäußert und die Militärdiktatur in Brasilien gelobt. Er kündigte an, keine weiteren Schutzgebiete für indigene Gemeinschaften auszuweisen und den Zugang zu Waffen zu erleichtern.

Zudem liebäugelt Bolsonaro mit einem Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und will zusätzliche Flächen im Amazonasgebiet für die wirtschaftliche Nutzung freigeben. Das könnte die internationalen Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel ausbremsen, da der brasilianische Regenwald als CO2-Speicher von globaler Bedeutung ist.

Die Ideologie des neuen Staatschefs wird als «Bala, Boi e Bíblia» (Kugel, Vieh und Bibel) beschrieben. Evangelikale Christen, nationalistische Militärs und die neoliberale Wirtschaftselite unterstützten seinen Wahlkampf. Welche dieser Gruppen – mit zum Teil sehr unterschiedlichen Interessen – während Bolsonaros Amtszeit den Ton angeben wird, ist noch unklar.

«Er übernimmt Brasilien in schwierigen Zeiten», sagt Peter Hakim vom Forschungsinstitut Inter-American Dialogue. «Er muss Koalitionen bilden, da seine Partei nur über zehn Prozent der Sitze im Parlament verfügt. Gelingt ihm das nicht, wird er Probleme haben, seine Politik umzusetzen.»

In seiner Rede kündigte Bolsonaro einen «nationalen Pakt» an, um Brasilien voranzubringen. In den kommenden vier Jahren will der Rechtspopulist die weit verbreitete Korruption bekämpfen, Kriminalität eindämmen und die Wirtschaft ankurbeln. Zu seinem Kabinett gehören der prominente Anti-Korruptionsermittler Sergio Moro und der ultraliberale Wirtschaftswissenschaftler Paulo Guedes. Unter seinen Ministern sind zudem sieben Ex-Militärs.

«Korruption, Privilegien und Vorteile müssen enden. Wir werden Tag und Nacht unser Ziel verfolgen, Wohlstand und Sicherheit für unsere Bürger zu schaffen», sagte Bolsonaro. Zum Abschluss seiner Antrittsrede machte er seinem Ruf als Kommunistenfeind noch einmal alle Ehre. Er schwenkte die brasilianische Fahne und rief: «Das ist unsere Flagge – und sie wird niemals rot sein.»

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