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Politik - 07.07.2019

Entsetzen über Äußerungen von Pegida-Demonstranten zu Lübcke

Die Aussagen von Pegida-Demonstranten über den Mord an dem CDU-Politiker Lübcke lösen Fassungslosigkeit und Empörung aus. Die Justiz hat sich bereits eingeschaltet. Auch Rufe nach dem Verfassungsschutz werden laut.

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Dresden (dpa/sn) – Politiker mehrerer Parteien haben sich entsetzt gezeigt über Aussagen von Demonstranten einer Pegida-Demonstration zum Mord an dem Kasseler CDU-Politiker Walter Lübcke. Reporter des ARD-Magazins «Kontraste» hatten am Rande einer Kundgebung des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses am Montag in Dresden Teilnehmer nach deren Ansicht zum Mord an Lübcke gefragt. Der Beitrag war am Donnerstagabend ausgestrahlt worden.

Im Vergleich zur linksextremen Gefahr sei ein Mord, «alle zwei, drei Jahre, aus irgendwelchen Hass-Gründen, relativ normal», lautete die Antwort eines Befragten. Ein anderer sagte auf die Frage, ob Mord eine menschliche Reaktion sei: «Ja, wie es in den Wald hinein gerufen wird, so schallt’s wieder raus.»

Die Äußerungen riefen die Justiz auf den Plan. Es seien Verfahren gegen Unbekannt wegen der Belohnung und Billigung von Straftaten eingeleitet worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, Lorenz Haase, am Freitag. Es werde aber auch geprüft, ob weitere Straftatbestände wie Volksverhetzung hinzukämen. Ob Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft eingegangen seien, könne er derzeit noch nicht sagen.

«Ein Mord ist durch nichts zu rechtfertigen! Diese Äußerungen sind abscheulich, beschämend und völlig inakzeptabel», teilte Sachsens Ministerpräsident Miachael Kretschmer (CDU) mit. «Man fragt sich: ist es Dummheit oder Bösartigkeit. In jedem Fall verletzen diese Äußerungen grundlegende Wertvorstellungen unseres Zusammenlebens.»





Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet zeigte sich erschüttert und schrieb bei Twitter: «In was für Zeiten leben wir, in denen vor laufender Kamera offen ein Mord gutgeheißen wird?» Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende fügte hinzu: «Man erschaudert vor diesen Abgründen.» Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz meinte auf Twitter zu der Kurzversion des «Kontraste»-Beitrags: «Eine Minute, in der es einem kalt den Rücken runter läuft.»

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Karl Lauterbach twitterte: «Die #Pegida Leute können einem wirklich Angst machen. Menschen, die über einen ermordeten demokratischen Politiker wie #Lübcke schadenfroh Spott absondern, sind zu allem fähig.» Er finde das menschlich schockierend, sagte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) in Wiesbaden. Nichts rechtfertige Gewalt und schon gar nichts einen Mord, erklärte der Ministerpräsident.

Der sächsische Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident, Martin Dulig (SPD), forderte, Pegida vom Verfassungsschutz überprüfen zu lassen. «Ich fordere einen Prüfbericht des sächsischen Verfassungsschutzes zur potenziellen Verfassungswidrigkeit von Pegida», sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). «Wer schon wieder anfängt, einzuteilen, wer oder was lebenswert ist und wer nicht, bereitet den Weg, der schon einmal zu Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung führte. Klare Kante gegen Nazis! Das sind keine ‚besorgten Bürger‘ sondern faschistische Wegbereiter!»

Aus der Antwort einer Kleinen Anfrage des Abgeordneten im sächsischen Landtags André Schollbach (Linke) vom Mai 2019 geht hervor, dass die Pegida-Bewegung Sachsens Justiz bereits reichlich Arbeit beschert hat. Seit ihrer Gründung im Herbst 2014 bis September 2018 wurden durch die Staatsanwaltschaft 198 Ermittlungsverfahren gegen Redner und Anhänger von Pegida eingeleitet. In jeweils 25 Verfahren ging es um gefährliche Körperverletzung sowie das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) wurde 2014 in Dresden gegründet. Am 20. Oktober des gleichen Jahres veranstaltete die islam- und fremdenfeindliche Organisation die erste Demonstration. Kamen am Anfang nur etwa 300 Teilnehmer, waren es in Spitzenzeiten im Jahr 2015 mehrere zehntausend. Mittlerweile ist die Teilnehmerzahl wieder stark zurückgegangen.

Der Kasseler Regierungspräsident Lübcke war am 2. Juni erschossen worden. Unter Verdacht steht der 45-jährige Stephan E. aus Kassel. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Stephan E. hatte nach Angaben des Generalbundesanwalts Peter Frank zunächst gestanden, Lübcke getötet zu haben; später widerrief er sein Geständnis.

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