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Politik - 11.02.2019

Deutschland und die Flüchtlinge

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Berlin (dpa) – Der 4. September 2015 wirkt noch lange nach: Es ist der Tag, an dem die CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel entscheidet, in Ungarn festsitzende Flüchtlinge unbürokratisch und ohne große Kontrollen nach Deutschland einreisen zu lassen.

An ihrer Seite: Der damalige österreichische Kollege Werner Faymann – nicht aber unbedingt die eigene Partei und schon gar nicht die Koalitionspartner von der CSU.

«Wir schaffen das», hatte Merkel Tage zuvor öffentlich kundgetan – auch davon waren längst nicht alle Parteifreunde zu überzeugen. Die Stimmung schwankt seither zwischen Willkommen und Abschreckung. Einige Schlaglichter:

HUNDERTTAUSENDE Flüchtlinge strömen 2015 in Richtung Deutschland. Sie haben sich im Irak und in Syrien auf den Weg gemacht, sind aus Eritrea oder Afghanistan über die Türkei und Griechenland geflüchtet, oder von Nordafrika aus über das Mittelmeer.

AYLAN, der tote Flüchtlingsjunge. Der Weg des dreijährigen Syrers endet am Strand der türkischen Urlauberhochburg Bodrum. Anfang September 2015 ertrinkt er beim Versuch, mit seiner Familie nach Griechenland und damit in die EU zu gelangen. Sein Foto geht um die Welt.

TEDDYBÄREN UND BRANDSÄTZE: Applaus, Umarmungen unter Freudentränen: Die Bilder vom Flüchtlingsempfang am Münchner Hauptbahnhof gehen um die Welt. Es machen sich in Deutschland aber auch Hetze und Rassismus breit. Im Jahr 2015 werden laut Bundeskriminalamt mehr als 1000 Angriffe auf Asylunterkünfte gezählt, darunter mehr als 90 Brandstiftungen – sechsmal mehr als im Vorjahr.

UNTER SCHWESTERN: Auf dem CSU-Parteitag im November 2015 brüskiert Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer Merkel auf offener Bühne – mehr als 15 Minuten wettert der CSU-Chef gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, während die Kanzlerin von der Schwesterpartei CDU wie ein Schulmädchen neben ihm stehen muss.

WENDEPUNKT: Die Silvesternacht von Köln erschüttert das Vertrauen der Deutschen in einen funktionierenden Staat, der seine Bürger schützen und Chaos verhindern kann. Fremd aussehende Männer haben massenhaft Frauen belästigt und bedrängt. Die überforderte Polizei kann nicht helfen.

OBERGRENZE: Eine Begrenzung für die Zuwanderung fordern viele im Flüchtlingsjahr 2015 – nicht nur in der CSU. Anfang 2016 legt Parteichef Seehofer erstmals eine konkrete Forderung auf den Tisch: Maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr sollen nach Deutschland dürfen. «Dieses ist nicht die Position der Bundeskanzlerin», sagt ein Regierungssprecher dazu. Der Streit bestimmt die deutsche Politik über Monate.

BALKANROUTE: Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien schließen im Frühjahr 2016 ihre Grenzen für Flüchtlinge und andere Migranten. Damit ist die Balkanroute weitgehend dicht. Zudem schließt die EU ein Abkommen mit der Türkei, um die ungeregelte Einreise über Griechenland zu unterbinden. Die Zahl der Zuwanderer sinkt drastisch.

ATTENTATE: Axt-Attacke in Würzburg, Rucksackbombe in Ansbach, in Berlin fährt ein Islamist mit einem gestohlenen Laster in einen Weihnachtsmarkt. Wenn Flüchtlinge zu Tätern werden, kocht die Empörung hoch – vor allem, wenn die Attentäter wie im Berliner Fall als Gefährder bekannt waren.

ABSCHIEBUNGEN: Juristische und praktische Hürden machen es schwer, abgelehnte Asylbewerber oder straffällig gewordene Migranten in ihre Heimatländer zurückzuschicken. Wem Folter, Todesstrafe oder Lebensgefahr im Bürgerkrieg droht, kann kaum abgeschoben werden. Oft fehlen gültige Papiere, die Herkunftsländer verweigern dann die Einreise.

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