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Politik - 07.02.2019

Brexit: May berät mit der EU in Brüssel über Auswege

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Brüssel (dpa) – Angesichts wachsender Ängste vor einem chaotischen Brexit Ende März suchen die Europäische Union und Großbritannien am Donnerstag abermals nach einem Ausweg.

Die britische Premierministerin Theresa May trifft in Brüssel EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, Ratspräsident Donald Tusk und Vertreter des EU-Parlaments. Vorab waren die Fronten allerdings verhärtet.

EU-Ratschef Donald Tusk hatte mit einer scharfen Attacke Empörung in London ausgelöst. «Ich denke manchmal darüber nach, wie der besondere Platz in der Hölle für jene aussieht, die den Brexit vorangetrieben haben, ohne auch nur die Skizze eines Plans zu haben, ihn sicher über die Bühne zu bringen», sagte Tusk am Mittwoch. Die britische Ministerin Andrea Leadsom forderte umgehend eine Entschuldigung für diesen «schändlichen» Kommentar.

Der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, legte anschließend noch gegen die planlosen Brexit-Befürworter nach: «Nun, ich bezweifle, dass Luzifer sie willkommen heißen würde. Denn nach dem, was sie Großbritannien angetan haben, würden sie es wohl sogar schaffen, die Hölle zu spalten.»

May hofft, in Brüssel doch noch Änderungen am Austrittsabkommen mit der EU zu erreichen, weil für die ausgehandelte Fassung des Abkommens keine Mehrheit im britischen Unterhaus in Sicht ist. Auf Kritik trifft in London vor allem der sogenannte Backstop, eine Garantie für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland. Eine Mehrheit im Unterhaus will «alternative Regelungen». Die EU lehnt Änderungen jedoch ab. Stattdessen fordert sie neue Vorschläge aus London.

Bei einem Besuch des irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar bekräftigten Tusk und Juncker am Mittwoch diese Linie. «Ich hoffe, dass wir morgen von Premierministerin May eine realistische Vorstellung bekommen, wie die Blockade beendet werden kann», sagte Tusk. Er glaube noch an die Chance für eine gemeinsame Lösung und werde selbst alles dafür tun.

Ähnlich hatte sich zuletzt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel mehrfach geäußert. Die knapp zwei Monate bis zum angekündigten Brexit-Termin 29. März ließen noch etwas Zeit, eine Lösung zu finden. «Aber natürlich müssen wir, damit es zu dieser Einigung kommt, von Großbritannien erfahren, wie es sich den weiteren Weg vorstellt», bekräftigte Merkels Sprecher Steffen Seibert am Mittwoch.

Die britische Regierung teilte am Mittwochabend mit, May wolle eine Garantie, dass das Land nicht im Backstop «festgehalten» werde. Die Regelung sieht vor, dass Großbritannien so lange in der Europäischen Zollunion bleibt, bis eine andere Lösung für eine offene Grenze in Irland gefunden ist. Möglicherweise ein Hinweis, dass May es noch einmal mit dem Vorschlag auf eine zeitliche Befristung des Backstops versuchen will? Doch die Idee wurde bereits in Brüssel und auch Berlin mehrfach abgelehnt.

Die EU will zwar das eigentlich Austrittsabkommen nicht noch einmal aufmachen, kann sich aber Änderungen an einer ebenfalls vereinbarten politischen Erklärung zu den künftigen Beziehungen beider Seiten vorstellen. Bisher zielt diese auf ein Freihandelsabkommen ab.

Sollte sich Großbritannien auf eine dauerhafte Zollunion oder gar eine Anbindung an den EU-Binnenmarkt einlassen, würde der Backstop nicht gebraucht. Doch May lehnt eine so enge Bindung an die EU, wie sie die Labour-Opposition verlangt, bisher strikt ab. Hoffnungen, sie könne der Opposition doch noch die Hand ausstrecken, versuchte die Regierung möglichst zu zerstreuen. Labour-Chef Jeremy Corbyn habe auch gesagt, dass er Bedenken wegen des Backstops habe, hieß es in einer Mitteilung am Mittwochabend. Auch Spekulationen über eine Verschiebung des Brexits wies die Regierung zurück. Nächsten Mittwoch soll May dem britischen Parlament Bericht erstatten.

Das Brexit-Abkommen regelt die Bedingungen der Trennung, vor allem aber verspricht er eine Übergangsfrist bis mindestens Ende 2020, in der sich praktisch nichts ändern soll. Ohne Vertrag entfiele dies, dann drohen wirtschaftliche Verwerfungen und Unsicherheit für Millionen Bürger.

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