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Kultur - 17.03.2019

Brexit bedroht den Kunsthandelsplatz London

Brexit und kein Ende: Der Ausstieg Großbritanniens aus der EU lässt den Kunstmarkt erzittern. Größter Verlierer: die Kunsthandelsmetropole London. Und zum Ärger der Kunsthändler steht auch noch vieles in den Sternen.

Noch ist die britische Hauptstadt der wichtigste Kunsthandelsplatz der Welt. Ein Fünftel des globalen Kunstumsatzes wurde hier 2017 erwirtschaftet – rund 13 Milliarden US-Dollar und damit fast doppelt so viel wie im gesamten EU-Raum. Wird sich das mit dem Brexit ändern? „Schwer zu sagen“, meint Henrik Hanstein, Chef des Kölner Kunsthauses Lempertz und Vorsitzender der European Federation of Auctioneers (E.F.A.), des europäischen Verbandes der Kunstversteigerer, im Interview mit der Deutschen Welle. Ein klares Nein klingt anders.

„Noch wissen wir nicht, in welcher Form die Engländer rausgehen“, betont Hanstein, „möglich, dass sie noch eine Zeit lang in der Zollunion bleiben.“ So sieht es zumindest der – vom britischen Unterhaus mehrfach abgelehnte – Ausstiegsvertrag vor. „Aber den wollen sie ja wohl noch nicht unterschreiben.“ Danach sieht es derzeit tatsächlich nicht aus, im Gegenteil. London ist sich uneins, spielt auf Zeit und setzt, um einen ungeregelten Brexit in letzter Minute abzuwenden, auf eine Verschiebung des Ausstiegs.

Henrik Hanstein

London erlebt Kunstexodus

Zwar hegt Hanstein keine Zweifel am britischen Ausstiegswillen. Doch erwartet der Auktionsexperte „Probleme“ für den Handelsplatz London. „Sie beziehen gut und gern ein Drittel bis 40 Prozent ihrer Ware vom Kontinent“, rechnet er vor, „nur 20 Prozent verkaufen sie auf den Kontinent.“ Das könnte schwierig werden, glaubt Hanstein. Er befürchtet einen „Exodus“ an Ware.

Der, so scheint es, hat schon begonnen. Zwar spricht derzeit noch einiges für den Handelsplatz an der Themse – vor allem die günstigen rechtlichen Rahmenbedingungen, die hohe Dichte von Superreichen und eine attraktive kulturelle Infrastruktur. Doch reagiert der selbstbewusste Londoner Kunstbetrieb schon jetzt auf Unsicherheiten: Einen regelrechten „PreBrexit-Move“ habe potente Sammler und Galeristen erfasst, so Hans-Ewald Schneider, Chef der Kunstspedition Hasenkamp. „Viele private Sammler bringen ihre Vermögen in die EU, um ungehinderter darüber verfügen zu können.“

Hans-Ewald Schneider

Kunsttransporte werden teurer

Eine Herausforderung für das Kölner Transportunternehmen: Denn wohin mit den vielen Kunstwerken, für die es spezielle, gut gesicherte und bisweilen temperierte Lager braucht? „Wir schichten inhouse um, also zwischen unseren Standorten in Europa“, erklärt Schneider, „und wenn nötig, mieten wir Kapazitäten hinzu.“

Zusätzliche Grenzkontrollen, Zollformalitäten und lange Wartezeiten an den Grenzen – das wird Folgen haben. „Die Kunsttransporte werden teurer“, ist sich Schneider sicher. „Zur Not machen wir es wie vor 40 Jahren: der LKW fährt nach Calais und macht die Zollabfertigung, setzt per Schiff über und macht wieder eine Zollabfertigung.“ Jeder verlorene Tag an der Grenze koste die Spedition zwischen 1.500 und 2.000 Euro. Fazit Schneider: „Dieser Brexit ist eine unsinnige Vergeudung von Ressourcen.“

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