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Kultur - 14.02.2019

Blume ist nicht gleich Blume

Das Verschenken von Blumen hat eine lange Tradition, die weit über den Valentinstag hinausgeht. Blumen sprechen eine eigene Sprache, die heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist – sehr zum Bedauern der Floristen.

Früher haben wir auf dem Weg zu meinen Großeltern immer einen Strauß Blumen gekauft. Im letzten Blumenladen vor ihrem kleinen Dorf in der Eifel. Und jedes Mal wieder haben sie sich gefreut, besonders meine Oma. Sie hat die passende Vase herausgesucht, Wasser eingefüllt und liebevoll an den Blumen herumgezupft, bis alles so arrangiert war, wie es ihr gefiel. Aber irgendwann haben wir damit aufgehört Blumen mitzubringen, warum weiß ich selbst nicht.  

Vielleicht liegt es daran, dass es Blumensträuße mittlerweile in fast jedem Supermarkt und an fast jeder Tankstelle gibt: in Plastik verpackt, lieblos in Eimern stehend. Damit verlieren sie ein wenig ihren Reiz. Denn es ist doch irgendwie immer ein besonderes Gefühl einen Blumenladen zu betreten. Der Duft von Blumen liegt in der Luft, der Boden ist immer etwas nass, das Geschenkpapier raschelt. Man sucht sich die Blumen aus, die einem gefallen und ganz individuell wird der Strauß gebunden. Wie viel schöner ist das, als beim Wocheneinkauf nach der Arbeit schnell nach einem Strauß Tulpen zu greifen. 

Und außerdem: Die Blumen im Supermarkt sind im Grunde immer die Gleichen. Dabei gibt es so viele verschiedene Sorten und sie können sicher mehr aussagen, als einfach nur bunt zu sein. Hier hilft ein Blick in die Vergangenheit. 

Das Veilchen für Geduld

Blaue Veilchen: ein Zeichen für Liebe und Geduld

Es gibt Anlässe, zu denen gehören ganz bestimmte Blumensorten. So ist es zum Beispiel in Deutschland üblich, weiße Lilien als Symbol des Erinnerns und der Wiedergeburt bei Trauerfeiern zu verwenden. Rosa oder rote Rosen werden häufig am Valentinstag an die Liebste oder den Liebsten verschenkt. Andere Bedeutungen aber sind weitestgehend in Vergessenheit geraten. Anders war das im 18. Jahrhundert. Damals war die Blume Teil der täglichen nonverbalen Kommunikation in Europa, erklärt Wirtschaftspsychologin Britta Krahn von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Viele Haushalte hätten zu der Zeit ein Buch über die sogenannte „viktorianische Blumensprache“ besessen. Darin konnte man nachlesen, welcher Blume welche Bedeutung zugeschrieben wurde. Auch die Farbe spielte eine Rolle. Zum Beispiel schickten Männer blauen Veilchen an ihre Angebetete, als Zeichen der Liebe und Geduld. 

„Aber es gab nicht nur positive Bedeutungen, man hat auch Ablehnung durch Blumen ausgedrückt, daher stammt auch der Ausdruck ‚jemandem einen Korb geben‘,“ so Britta Krahn. „Wenn eine Frau einem Mann einen Korb gab, in dem Blumen gepflanzt waren, dann war das ein deutliches Zeichen der Abweisung.“ So hat die Blumensprache auch unsere heutige verbale Ausdrucksweise geprägt. Auch die Redewendung „etwas durch die Blume sagen“ geht auf sie zurück. 

37 Euro für Schnittblumen

Auch wenn viele Bedeutungen heute nicht mehr so präsent sind: Die Blume als Geschenk hat in den meisten Kulturen eine jahrhundertelange Tradition. Und obwohl es die Blumenläden heutzutage schwer haben, ist der tatsächliche Umsatz im Blumenhandel in den letzten Jahren in Deutschland unverändert geblieben, sagt Britta Krahn. „Das sind etwa 37 Euro pro Kopf für Schnittblumen jährlich. Aber das Einkaufsverhalten hat sich verändert. Im Supermarkt findet man heute zum Beispiel Tulpen in jeder Farbe zu einem günstigen Preis. Den Weg zum Floristen, bei dem dann ein schöner individueller Strauß für deutlich mehr Geld gebunden wird, den finden die Leute nicht mehr so häufig wie früher. Das setzt die Floristen unter Druck.“

Der Klassiker: Rote Rosen als Zeichen der Liebe

Tatsächlich kaufen heute nur noch 40 Prozent der Kunden ihre Blumen im Fachhandel – Tendenz sinkend. Denn Supermärkte importieren oft direkt, ohne den Großmarkt als Zwischenhändler. Das macht es günstiger. Laut Britta Krahn verkaufen große Märkte zudem vermehrt Blumen, weil dies für den Handel ein gutes Geschäft ist. Die Gewinnspannen seien noch recht hoch, viel höher als bei Lebensmitteln.

Höhere Blumenpreise am Valentinstag

Diese Entwicklung bekommt auch Barbara Zöller zu spüren. Ihr gehört der kleine Blumenladen „Blumenpott“ in einem ländlichen Stadtteil von Bonn. „Die Konkurrenz ist mittlerweile sehr stark, durch die Gartencenter, die Supermärkte, die Tankstellen, alle verkaufen sie ja jetzt Blumen.“ Seit 22 Jahren betreibt sie den Laden und kauft ihre Blumen auf dem Großmarkt ein, auch da merkt sie den Wandel. Es sind weniger Floristen auf der Suche nach den schönsten Blumen unterwegs, und es gibt auch weniger Angebot. Denn viele Gärtnereien müssen sich umorientieren, da die Nachfrage fehlt.

„Der Valentinstag ist in den letzten Jahren immer umsatzstärker geworden, früher gab es den ja noch gar nicht wirklich. Das ist für uns Floristen eine gute Sache. Aber auf das ganze Jahr betrachtet, merke ich auf jeden Fall auch, dass weniger Kunden kommen.“ Auch am Tag der Liebe sind nicht alle Leute versöhnlich unterwegs, viele beschweren sich über zu hohe Preise. „An solchen Tagen steigen die Preise. Das ist ganz natürlich, weil jeder sein Geschäft machen will. Da ist auch einfach der Einkaufspreis der Blumen für uns höher, und deshalb müssen wir unsere Preise anpassen. Darauf schimpfen die Leute dann und einige wenden sich aus diesem Grund auch von den Blumen ab und schenken andere Dinge“, erzählt Zöller.

Valentinstag – in Deutschland eine noch recht junge Tradition

„Schöner Beruf ohne Zukunft“

Neben dem veränderten Kaufverhalten ist das Hauptproblem, dass es an Nachwuchs mangelt. Für junge Menschen, die einen Ausbildungsplatz suchen, ist der Beruf nicht attraktiv genug: Er ist schlecht bezahlt, körperlich anstrengend und erfordert Arbeit am Wochenende und an Feiertagen. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Auszubildenden deswegen von 5000 auf 2500 halbiert. Zusätzlich gibt es eine Abbrecher-Quote von 40 bis 45 Prozent. „Ich glaube, es ist kein Beruf mit Zukunft mehr. Das ist schade, denn es ist eigentlich ein schöner Beruf. Aber die jungen Leute legen gar nicht mehr so viel Wert auf Blumen“, so der Eindruck von Barbara Zöller. Man merkt ihr an, dass sie über diese Entwicklung traurig ist. Aber Aufhören kommt für sie noch nicht in Frage – es gibt sie ja noch, ihre Stammkunden. „Kunden, die Wert auf Schönheit und Qualität, auf individuell gebundene Sträuße legen, kommen immer noch zu uns in die Blumenfachgeschäfte.“

Und für diese Menschen gibt es eben doch noch Blumenläden wie den „Blumenpott“. Man muss nur den Weg auf sich nehmen. So wird die Blume vom reinen Konsumgut doch wieder zu etwas Anderem, etwas Besonderem. Und ich glaube, meiner Oma bringe ich das nächste Mal einen Strauß weißer Rosen mit. 

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